Geschichte und Werden der Berggrabebrüderschaft zu Ehrenfriedersdorf.

- Geschichte unserer Heimat -

Bearbeitung und Zusammenstellung von Albrecht und Heiko Müller im Jahre 1999.
Mit freundlicher Genehmigung von Heiko Müller im Mai 2007 - Dankeschön.

Diese Version erschien im Jahre 2000 in den Bergstadt-Nachrichten unserer Stadt Ehrenfriedersdorf - insgesamt in 9 Teilen.

 

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Wenn man die Geschichte der Berggrabebrüderschaft erforschen und aufzeichnen will, so kann dies nur in sehr enger Verbindung mit der Geschichte unserer alten Bergstadt Ehrenfriedersdorf getan werden.

Bei beiden sind Dokumente aus der Gründungszeit nicht mehr aufzuweisen. Es wird angenommen, dass die Gründung der ersten Siedlung Mitte des 12. Jahrhunderts erfolgte. Fuhrleute, die Korn und Salz nach Böhmen bringen wollten, sollen hier in unserer Gegend in ein schweres, fürchterliches Unwetter geraten und mit den schwer beladenen Fuhrwerken im Sumpf festgefahren sein. Ein weiteres fortkommen sei unmöglich gewesen. Diese Fügung des Himmels hätte sie veranlaßt, sich hier niederzulassen. Auf dem heutigen "Frauenberg" soll die erste Siedlung entstanden sein. Diese Angaben haben ihre Wahrscheinlichkeit. Das oben erwähnte Gebiet war sehr sumpfig, da der Wilischbach je nach Wasserzufluß mal breit oder schmal dahin floß und somit kleine Sumpfgebiete und Tümpel entstanden. Dass sich die ersten Siedler in dieser Gegend niedergelassen haben, bezeugt später die Existenz der Kapelle "Unserer lieben Frauen" auf dem Frauenberg. Die Gründung einer Siedlung in diesem großen Waldgebiet, Miriquidi oder auch böhmischer Wald genannt, war leicht möglich. Das Material zum Bau von Wohnungen war im Überfluß vorhanden. Die Wohnstätten der früheren Zeit waren nur Holz oder Lehmhütten. Ebenfalls mangelte es nicht an Lebensmitteln. Der Wildreichtum des Waldes lieferte Fleisch genug, weiterhin hatten die Siedler ja Korn und Salz auf ihren Wagen, so dass sie ungestört an den Bau ihrer Wohnstätten gehen konnten. Bei der Rodung dieser urwaldähnlichen Gegend und der Anlegung der Feldern und Wiesen sind sie auf erzhaltiges Gestein gestoßen, haben dies aber aus Unwissenheit nicht beachtet. Erst bei der Anlegung ihrer Feuerstätten wurden sie auf das Gestein aufmerksam, da es schmolz.

Von dieser Entdeckung sehr begeistert, wurde dieses Gebiet eingehend untersucht und festgestellt, dass hier sehr große Erzlager vorhanden waren. Die in diesem Gebiet hausenden Wildsauen hatten mit ihren Hauern den Waldboden aufgewühlt und das erzhaltige Gebirge bloßgelegt. Schnee und Regen hatten das übrige beigetragen, so dass die Erzadern sichtbar wurden. Diese Kunde drang schnell in das Thüringer und Frankenland das zu dieser Zeit sehr stark besiedelt war. Es ist also nicht verwunderlich, dass schon bald die nächsten Siedler aus Franken und Thüringen hier in unsere Gegend kamen. Ihre Wohnstätten errichteten sie am Abhang des heutigen Sauberges. Es wird angenommen, dass einige der Siedler aus Franken und Thüringen früher schon in ihrer Heimat den Bergmannsberuf ausgeübt oder zumindest entsprechende Kenntnisse hatten, so dass der Bergbau sehr schnell in Gang kam.

Mit Gewissheit können wir aber die Jahre 1240 bis 1241 angeben. In dieser Zeit wurde mit höchster Wahrscheinlichkeit, gleichzeitig auch im böhmischen Graupen (Krupka), hier im Ehrenfriedersdorfer Revier Zinn gefunden. In der Chronik Matthäus (Parisiensis) steht geschrieben, dass im Jahre 1241 zum erstenmal in Deutschland Zinn von großer Reinheit gefunden worden sei; und zwar in größeren Mengen als dies bisher in England der Fall war, welches ja damals im uneingeschränkten Besitz des Zinnmonopols war. - Das Zinnmonopol der Engländer brach zusammen und die Vermutung liegt nahe, dass es sich auch um Ehrenfriedersdorfer Zinn gehandelt hat. Auf alle Fälle, so wird berichtet, wurde schon um 1268 Zinn durch das Zinnseifen in Ehrenfriedersdorf und Umgebung gewonnen (siehe 1968 = 700 Jahre Erzbergbau in Ehrenfriedersdorf). Die ehemals kleinen Bauernhöfe hierorts scheinen das auch mit zu bestätigen, ließ sich nämlich die Seifenarbeit gut mit der bäuerlichen Tätigkeit und der Arbeit im Forst verbinden, da überall Wasser und Holz gebraucht wurde. Am 13. Januar 1293 hören wir, dass die Herren von Waldenburg dem Nonnenkloster zu Nimptschen bei Grimma den Bergzehnten auf all ihren Bergwerken schenkten. - Es wird angenommen, dass es sich hierbei auch um den sogenannten Haldenzehnten handelt. Der Bau einer Kirche weist ebenfalls auf austräglichen Bergbau um 1288 in Ehrenfriedersdorf hin. - Der Kirchenbau wurden im ersten Heiligen Jahr der römisch-katholischen Kirche, dem Jahr 1300, mit einem Ablaß bedacht; er gewann dadurch den Charakter einer Wallfahrtskirche.

Ein Stadtschreiber, der 1661 hier amtierte, hat aus älteren Akten über die Gründung und Einweihung unserer Kirche folgendes niedergeschrieben:
"Die Zeit der Kirchenfundation (Grundsteinlegung) habe ich niemals erforschen können, sonsten aber befunden, daß anno 1300 Sonntag nach Mariä Geburt Papst Bonifacius VIII die Einweihung der Pfarrkirche hier hat vornehmen, sie Gott und seiner lieben Mutter, der gebenedeieten Jungfrau Maria, auch den Patronen der Kirche, den heiligen Nicolaus, Erasmus, Katharina und Barbara confirmieren und St. Niklaskirche hat nennen lassen.
Diese Confirmation haben der Papst Bonifacius Joacobus VIII, weiter der Cardinal Baptista s. Mariä in porticu, Cartinal Jacobus s. Cristagoni und Cordinal Johannes s. Luciä un septasalis, endlich die Bischöfe Dietrich von Meißen, Nicolaus, Johannes und Caspar eigenhändig unterschrieben und mit angehängten Siegel bekräftigt und allen Menschen, die mit Andacht, wahrer Reue und Beichte solch Gotteshaus am Tage der Kirchweih besuchen, auch Hilfe und Steuer thun zu den Gebäuden, Geleuchten, Zierheit, und die da geben ihre Almosen, also oft und wieviel sie das thun, Ablaß und Gnade verliehen, und es sollen dieselben verdienen Ablaß drei Jahr und quadraginta (40 Tage) vom Papst Bonifacius, 300 Tage von obengenannten Cardinälen und 400 Tage von den Bischöfen". Die Kirche wurde dem Heiligen St. Niklas der neben St. Jacobus dem Älteren der verbreitetste Schutzpatron von Markt und Stadtkirchen war, geweiht.

Außerdem existierten noch drei Kapellen: Schon erwähnt am Frauenberg "Unserer lieben Frauen" - Kapelle, im heutigen Seifental die St. Ottilien - Kapelle die an der Gabelung der früheren Fernwege in Richtung Zschopau und Wolkenstein stand. Die dritte Kapelle in der Nähe des jetzigen Friedhofeingangs.
Mit dem Kirchenbau, der späteren Anlegung des Röhrgrabens und der Bildung von Gewerken wird auch die Gründung der Berggrabebrüderschaft, damals als Altarbruderschaft oder als Berggrubenzunft, 1338 in Verbindung gebracht. Auch aus anderen Orten hören wir später von diesen Bruderschaften, wie zum Beispiel in Annaberg die St. Annenbruderschaft, die Rosenkranzbruderschaft, Jacobusbruderschaft und die Wolfgangsbruderschaft - In Geyer die St. Nicolausbruderschaft und die Rosenkranzbruderschaft. Eine urkundliche Erwähnung unserer Stadt liegt in einem Dokument von 1339 vor, das aus dem Altenburger Ratsarchiv stammt und den Herren von Waldenburg ausgestellt worden war, indem ein Pfarrer Albert von Ernfridisdorf bedacht wird. - Der Bau einer Kirche und die Anlegung des Röhrgrabens, ein für die damaligen Verhältnisse vermessungstechnisches Meisterwerk, kann nur in einer engen Gemeinschaft mit den Bergleuten verwirklicht worden sein. Die Bergleute schlossen sich zu einer Berggrubenzunft zusammen. Die Wettiner und die Markgrafen von Meißen räumten in dieser Zeit den Bergleuten besondere Rechte ein.
Es bildeten sich Zünfte der Bergleute und diese erhielten die Abbaurechte. Das Schürfen und Verhandeln von Zinn wurde den Gewerken übertragen. Der Röhrgraben wird 1396 bis 1404 durch das Anlegen des Oberen Teiches - (Geyersche Teich) - ergänzt. Die direkte Anlegung des Röhrgrabens kann nicht genau festgestellt werden - es ist aber bekannt, dass lt. des Lotter`schen Wasserstreites von 1567 behauptet wird, dass der Röhrgraben schon damals mehr als 200 Jahren alt sei!
Bereits im Jahre 1349/50 wird der Greifensteiner Bergbau erwähnt: Johannes von Waldenburg wird als Lehnsträger des Reiches über Grifenstein - Zcinewerk und Berckwerk genannt. Es ist das gleiche Geschlecht der Waldenburger, die wahrscheinlich 150 Jahre früher die Burg Greifenstein erbauten.
Am 13. Juni 1377 schlossen zu Freiberg Hans der Ältere und Hans der Jüngere von Waldenburg, Herren zu Wolkenstein, mit dem Landgrafen Friedrich Wilhelm Balthasar von Thüringen eine Vereinbarung wegen der Silbergruben zu Ehrenfriedersdorf und auf allen Gütern:
1. Die Landgrafen sollen alle Gerichte und Rechte haben auf allen Silbergängen und Bergwerken auf allen Gütern der Herren von Waldenburg, 3 1/2 Lehen aufs Hangende, 3 1/2 aufs Liegende und sollen ihnen dahin setzen Bergmeister und Amtleute, als auf andern ihren Bergwerken, die auf den Berg, in den Hütten und Höfen rechten sollen, wenn das Not thut.
2. Die Landgrafen haben die Herren von Waldenburg und ihren Erben um des Schadens willen, den letztere an ihrem Zinnwerk nahmen, und damit, dasß das Silberwerk desto besser gefördert werde, die Gnade gethan, daß letztere und ihren Erben auf den Gütern, die sie jetzt haben, so lange sie die selben haben, den halben Zenten von den Silbergängen auf allen diesen Gütern haben sollen.
Nehmen die Landgrafen 1 1/2 Hufen zu Zehnten, soll den Herren von Waldenburg der halbe Teil werden: Nehmen die Landgrafen 1 Hufen zu Zehnten, so soll den Herren von Waldenburg ebenfalls der halbe Teil werden. Von diesen halben Zehnten sollen letztere, wenn die Landgrafen in Notfällen "czu Bercwercke czu Sture gebin" von Zehnten auch mit zu Steuer geben.
3. Die auf den Berg fallenden Bußen sollen halb den Herren von Waldenburg gehören. Will aber der Bergmeister der Landgrafen jemanden die Buße erlassen, dem sollen die Herren von Waldenburg sich nicht widersetzen.
4. Bei den auf den Gütern der Letzteren geschehenen Totschlägen soll der Bergmeister niemanden ohne der Herren von Waldenburg Wissen und Willen frei lassen.
5. Alles auf ihren Gütern gefallene Silber soll in die Münze der Landgrafen geantwortet werden. "Und wenn man des überkäme mit den Amtleuten, die dazu gesetzt sind, der dawider thäte, der soll das büßen, als der Münze Recht ist".
6. Auch sollen die Landgrafen keinen freien Markt berufen lassen binnen einer halben Meile von Ehrenfriedersdorf und einer Meile von Wolkenstein, es wäre denn, daß der Landgrafen Amtleute erkennen, daß dessen Not wäre und man dessen nicht entbehren möchte. Zu diesem Fall mögen die Landgrafen den Markt berufen, doch mit den Herren von Waldenburg Wissen und Willen.
7. Jedermann, der da auf dem Bergwerken baut, mag sein Brot, Fleisch und Getränke wohl da haben, dieweil der freie Markt nicht berufen ist. Das sollen die Herren von Waldenburg nicht wehren noch hindern. Auch sollen letztere auf den Bergwerken Fleischbänke, Brotbänke, Badstuben, Zoll, Hüttenzins und das Schrotanrecht haben nach Gewohnheit und Recht, wie auf anderen Bergwerken der Landgrafen.
8. Die Leute der Herren von Waldenburg, die bereits Gerechte auf den Silbergängen auf deren Gütern bauen, sollen dabei bleiben, und wenn der Bergmeister der Landgrafen auf dem Berg kommt, von ihm die Lehen empfangen.
9. Was aber ledig läge, soll der Bergmeister verleihen.
10. Grenzten Zinngänge an die Silbergänge, so sollen erstere stillliegen und das Silberwerk vorgehen so lange, bis man die Zinngänge ohne Schaden der Silbergänge bearbeiten kann.
11. Stünde ein Goldwerk auf den Gütern der Herren von Waldenburg, so soll dasselbe den Landgrafen sein.
12. Würde das Bergwerk wüste und läge ledig, so soll das Gericht wieder an die Herren von Waldenburg kommen.
13. Diese Gunst und Gnade sollen die Herren von Waldenburg nur so lange bezüglich der Bergwerke haben, so lange die Herrschaft Wolkenstein ihnen und ihren rechten Erben gehörte. Verkaufen sie letztere, so soll die Gnade aus sein.
- Bereits am 07. April 1323 geht aus einer Urkunde hervor, dass die Herren von Waldenburg auf Wolkenstein sowohl mit dem Bergregal als auch mit dem Münzregal belehnt waren. Vor allem das Halten einer eigenen Münze lässt auf einen schon länger betriebenen Bergbau, auch auf Silber, in der Herrschaft, zu der ja auch Ehrenfriedersdorf gehörte, schließen.
- Im Jahre 1381, am Donnerstag vor Pfingsten, heiligten und widmeten Herr Hans von Waldenburg der Ältere und Herr Hans und Herr Anarg als Söhne, der Kirche zu Ehrenfriedersdorf die Dörfer Berbisdorf und Eibenberg, so bei der Nachbarstadt Chemnitz gelegen und in die Kirche zu Harthau eingepfarrt sind, zu einer ewigen Frühmesse.
Die beiden Dörfer hatten der Kirche zu Ehrenfriedersdorf gewisse Frongelder zu zahlen, und der Ehrenfriedersdorfer Rat war Erb, Lehn und Gerichtsherr, pflegte auch alle sieben Jahre das Gericht daselbst zu hegen.
In den Jahren um 1380 hören wir von der Ansiedlung Ehrenfriedersdorfer Bergleute in Breitenbrunn.
"am montag nach sannd Perterstag also ........... haben wir gegeben einen brieff Hansen kolern, Hans genannt von ernfridstorff, margrethn seiner elichen virtinne u. seiner erben und derzu getrauen handen Nicl Czettel, seinem Bruder Nicl Kirsten u. Hans grymen u. haben im geligen zu rechten erbe den Streitperg zum breitinprun gelegen mit allen rechtin an Zinnberk, an vrien stollen ......"
Diese Erlaubnis, ein Zinnbergwerk anzulegen, wird als die älteste schriftliche Benennung des Ortes Breitenbrunn betrachtet. Ehrenfriedersdorfer Bergleute mit ihren Familien gründeten also den Bergort Breitenbrunn!

Vom 16. Oktober 1407 datiert ein neuer Vergleich zwischen Anarg V. und Heinrich IV einerseits und den Land und Markgrafen Friedrich Wilhelm II und Friedrich andererseits wegen der Bergwerke zu Ehrenfriedersdorf und auf allen ihren Gütern.
Bereits 1377 wurde dem Bergort, das Marktrecht verliehen, ein besonderes Privileg, das immer mehr Menschen nach Ehrenfriedersdorf zog.
Diese Entwicklung wirkte sich sehr positiv auf die Ansiedlung des Handwerks aus und es ist nicht verwunderlich, dass Ehrenfriedersdorf zu Beginn des 1500 Jahrhunderts das Stadtrecht erhielt. Die Zünfte hielten, zu Ehren dieser Sonderrechte, am Tag des Marktes ihre Zusammenkunft - das Quartal - ab. Die Berggrabebrüderschaft hält noch heute an diesem altüberlieferten Brauch fest.
Am ersten Sonntag nach Ostern (früher war es der Montag) findet das Bergquartal (Hauptquartal) statt.
Die Grubenzünfte richteten frühzeitig eine Unterstützungskasse für Krankheiten und Todesfälle ein, diese wurde auch als Sterbekasse bezeichnet. Ebenfalls halfen sich die Bergleute gegenseitig bei Bergkatastrophen, Unwetter und Feuer. Nur diesen frühzeitigen sozialen Gedanken und der gegenseitigen Hilfe der Bergleute haben wir es zu verdanken, dass die Berggrabebrüderschaft bis heute als Traditionsvereinigung ununterbrochen existiert. Armut, Leid, Pest, Hunger, Krieg und Feuer hat diese Gemeinschaft der Ehrenfriedersdorfer Bergleute überstanden. Eine weitere wichtige Aufgabe der Bruderschaft war es, die verstorbenen oder verunglückten Bergleute zu Grabe zu tragen und jedem eine ehrenvolle "Letzte Schicht" zu ermöglichen. "Der Name Bruderschaft brachte somit eine sehr tiefe Bedeutung zum Ausdruck - ein Jeder dem Anderen Bruder zu sein, bis hin zur letzten Stunde eines Jeden.
Sie bildete in freier Form eine Nachahmung der geistlichen Orden durch die Laien. Ihr ausgesprochener Zweck war die Vornahme religiöser Übungen, gemeinsame Teilnahme an öffentlichen Prozessionen, die Sorge für ein anständiges Begräbnis sowie für die Seelenruhe der verstorbenen Brüder durch möglichst zahlreiche Fürbitten und Almosen zu sorgen. Besonders wird immer das Begräbnis genannt und so hatte natürlich diese wichtige Aufgabe auch Einfluß auf die Namensänderung. 1640 hören wir von der Erbaren - Grab - Brüderschaft, später von der Begräbnisbrüderschaft und von den jetzigen Namen Berggrabebrüderschaft. Es wird berichtet, dass sogar teilweise ein Priester für die Mitglieder eingestellt war, der für diese die Messen las. Die Bergleute selbst hielten aber auch Messen ab, denken wir nur an die Andacht vor jeder Einfahrt in die Grube. Noch heute zeugt das Berggestühl vom 14. Jahrhundert in der Kirche von diesen Andachten und Messen. Im 18. Jahrhundert wird berichtet, dass auf dem Berggestühl auch mehrere Bergmänner standen. Ob diese Bergmänner aus Holz geschnitzt oder aus einer gipsähnlichen Masse waren, können wir heute leider nicht mehr nachvollziehen.
Um 1923 kamen diese Bergleute ins Heimatmuseum unserer Stadt und waren später, wie vieles in Ehrenfriedersdorf spurlos verschwunden. Eine Originalnachbildung ist aber heute noch in unserer Kirch zu sehen, sie steht in der linken Hälfte unserer Kirche vor dem Altarraum und wurde 1928 vom damaligen Schulhausmeister Otto Vogel gefertigt.

1429 wurde die Kapelle "Unserer lieben Frauen" auf dem Frauenberg zerstört, so berichtet eine alte Aufzeichnung. Der Husittenkrieg hauste in unserer Heimat!
1507 wurde der kostbare Hochaltar für unsere St. Niklaskirche angeschafft. Dargestellt sind Maria zwischen den Heiligen Nicolaus und der Heiligen Katharina, außerdem Barbara, die Schutzheilige der Bergleute und Erasmus sowie vier gemalte Szenen aus der "Passion Christi". Auf der Rückseite befinden sich Gemälde des Heiligen Wolfgang, Martin, Andreas und Bartholomäus. Der Altar wurde geschnitzt vom Bildhauer Hans Witten der ebenfalls die bekannte Tulpenkanzel im Dom zu Freiberg fertigte. Die Gemälde schuf der Künstler Hans von Cölln. Dieser kostbare Hochaltar und seine Anschaffung hängt ganz gewiß mit dem Bergbau und den Bergleuten von Ehrenfriedersdorf zusammen!

 

Ehrenfriedersdorfer Berggebet 1578

In die Grube fahren wir,
lass uns Gott erst vor dich treten
und Allmächtiger zur Dir
stets als rechter Bergmann beten:
Laß uns Dir befohlen sein,
fahre mit uns Knappen ein,
fahre mit uns ein vor Ort,
sei Beschützer uns und Hort.

Hilf uns Ernst und Ruh bewahren
bei der Arbeit in Gefahren
steh uns bei in Nach und Not,
gib uns unser täglich Brot.
Ruf die Schichtglocke uns zu Haus
fahre dann mit uns aus.

Glück auf!

Amen

Es muß jedoch an dieser Stelle angeführt werden, dass gerade zu dieser Zeit der Anschaffung dieses Altares das Ehrenfriedersdorfer Bergrevier einen bis dahin noch nicht gekannten Niedergang erlitt. Die Zinnproduktion betrug1445 etwa 2.500 Zentner und sank um 1500 auf ein Viertel dessen, etwa 640 Zentner, herab. Es wird angenommen, dass die Ehrenfriedersdorfer Bergbauunternehmen ihr Geld in neue Bergbaugebiete wie z. B. Schneeberg und Annaberg mit angelegt haben und deshalb trotz des Niederganges des Bergbaues dieser kostbare Altar erworben werden konnte.

Vor der Gründung der Bergstädte Annaberg und Schneeberg galt Ehrenfriedersdorf als die bedeutendste Bergstadt zwischen Freiberg und Böhmen!

Auf, auf zur Grube ruf ich Euch
Ich, die ich oben steh'
so oft Ihr in die Tiefe fahrt,
so denket an Gott in der Höh'.

 

1519 wurde die Bergglocke, welche auch Häuer - oder Elfenglocke genannt wurde angeschafft. Sie wurde in der Glockengießereiwerkstatt Wolf Hilliger in Freiberg gegossen und hat ein Gewicht von 200 kg und einen Durchmesser von 70 cm. Der Glockenklang wurde auf den Ton "Es" abgestimmt. Als Inschrift trägt sie in lateinisch den Schriftzug: "Verbum Domini manet in Eternam Anno MDXIX." Das bedeutet: "Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit Anno 1519". Bereits am 05. Januar 1509 erließ Herzog Georg von Sachsen die Bergordnung für St. Annaberg, in der im 83. Artikel auf die Notwendigkeit der Bergglocken in den aufkommenden Bergwerksgruben des Erzgebirges hingewiesen wird. Als bergmännische Einrichtungen läuteten die Bergglocken hauptsächlich, um ein regelmäßiges und pünktliches Ein- und Ausfahren in den Bergschichten zu gewährleisten. So wurde bereits früh um 3 und um 4 Uhr, Mittags um 11 und 12 Uhr und abends um 7 und 8 Uhr geläutet.

"Und tzu itzlicher Schicht soll man ein Stund tzuvur anleutten, damit sich die arbeitter tzu richten, und desteo weniger ihres verseumlichkeit tzu entschuldigen haben" Auch Georgius Agricola (1494 - 1555) beschreibt die Anwendung des Schichtläutens. "Wenn sie zur Schicht gehen müssen, das kündet den Bergleuten das läuten einer großen Glocke an, welche die Fremden, campana' nennen: Wenn sie erschallt, so eilen sie aus allen Gassen von hier und da zu den Gruben."
In gleicher Weise zeigt das Erklingen der Glocke dem Schichtmeister an, dass die Schicht beendet ist. Wenn er das Läuten gehört hat, schlägt er an das Holzwerk des Schachtes und gibt so den Bergleuten das Zeichen zum Ausfahren. Die nächsten, die das Signal hören, schlagen mit ihren Fäusteln an das Gestein, und so gelangt das Zeichen bis zu den Entferntesten.

Zum Schichtläuten kam noch das Läuten zu bestimmten Feierlichkeiten der Bergleute. So zum Beispiel bei den Berggottesdiensten und zu den Berquartalen der Bergknappschaft. Betreffs Bergquartal lesen wir in den später aufgeführten Statuten der löblichen Bergknappschaft zu Ehrenfriedersdorf Anno 1614:

"Bei welchen man die Laden haben wird, da soll auch die Brüderschaft zusammenkommen, alsbald so man die Häuerglocke zu Elfen ausgeläutet und ein Jeder einen Groschen in die Lade legen."

Weiterhin wurde auch zur "Letzten Schicht" der Ehrenfriedersdorfer Bergleute mit der Berglocke geläutet. Feierlich wurden die Verstorbenen von der Bergknappschaft zu Grabe getragen. Diese Verpflichtung ist ebenfalls in den Statuten der Bergknappschaft von 1614 mit enthalten. Jedem sollte eine ehrenvollen "Letzte Schicht" ermöglicht werden, sei er auch noch so arm.
Hier kam ganz besonders der brüderliche Gedanke der löblichen Bergknappschaft zum Ausdruck.
Sonst ist aus der Zeit um 1520 nichts Gutes zu berichten:
1521 hören wir von der schweren Pestzeit und 1524/25 vom Aufstand der Bauern und der Bergleute - 1528 vom großen Stadtbrand, bei dem von 150 vorhandenen Häusern 75 abbrannten. Viel Leid überstand auch in dieser Zeit die Berggrabebrüderschaft, galt es gerade in Not und Armut zusammenzustehen und gemeinsam auf eine wieder bessere Zeit zu hoffen.
Eine wichtige Quelle des Zinnbergbaus lag um 1530, als der Bergbau noch am Boden war, im Ausklauben der alten Halden, wo auch Frauen mithelfen mußten. Noch heute ist der Ausdruck Klaubefrau bekannt.
Um 1540 wurde das Ehrenfriedersdorfer Kunstgezeug erfunden, jetzt konnten große Höhen des zu hebenden Grundwassers erzielt werden. Das Funktionsprinzip war bis weit in das 19. Jahrhundert hinein dominierend. Alle Anstrengungen führten jedoch nicht dazu, die Ergebnisse der Blütezeit Mitte des 15. Jahrhunderts wieder zu erreichen. Im Jahr 1536 beginnt man mit dem Bau des Tiefen Sauberger Stollen; er wurde auf einem Silbererzgang vorgetrieben.

Kein zweites Ereignis der nunmehr über 750-jährigen Geschichte des Ehrenfriedersdorfer Zinnbergbaues hat in der Bevölkerung solchen Widerhall gefunden und ist sooft erzählt und dichterisch behandelt worden, wie die "Lange Schicht" die Nachricht von der Verschüttung eines Bergmannes im Sauberge und seiner Wiederauffindung nach 60 Jahren.
Vielzählige Erzählungen und Berichte finden wir auch in unserer Zeit in verschiedensten Bücher und Geschichtsblättern wieder, die wenigsten allerdings machen auf die vorhandenen Widersprüche und Unklarheiten des bedeutsamen Ereignisses aufmerksam. Verschiedene Heimatforscher versuchten eine Klärung der Widersprüche zu erlangen. Leider ist es ihnen, wie auch uns nicht gelungen die nachstehenden Unstimmigkeiten eindeutig zu klären. Sehr wichtig ist ebenfalls Wahrheit und Dichtung ganz klar von einander zu unterscheiden. Als geschichtliche Quellen des Ereignisses um Oswald Barthel sind zu nennen: im Original - der Eintrag im Toten- bzw. Begräbnisbuch von 1568 und die Leichenpredigt, die der damalige Pfarrer Magister Raudte bei diesem Begräbnis hielt und die 20 Jahre später, 1588, gedruckt wurde. Eine dritte Nachricht ist uns in Abschrift überliefert: In dem "Historischen Schauplatz", der wertvollen erzgebirgischen Chronik des verdienten Scheibenberger Pfarrers Christian Lehmann befindet sich ein Bericht, der einem leider verschollenen Ehrenfriedersdorfer Bergbuch entnommen sein soll.
Der Eintrag im Totenbuch von 1568 hat folgenden Wortlaut: Matthes Bartel, welcher vor 60 Jahrn in stoln vorfallen wird gefunden den 20. Septemb: des 68 Jhars sepelieb: 26. m. Septemb: (Matthes Bartel, welcher vor 60 Jahren im Stollen verfallen ist, wird gefunden den 20. September des Jahres 1568 und begraben am 26. des Monats September.)
Die Leichenpredigt des damaligen Ehrenfriedersdorfer Ortspfarrers Magister Georg Raudte wurde, wie bereits erwähnt, 1588 gedruckt. Das Titelblatt lautet:

Eine Leichenpredigt/
Bey dem Begrebnis
Oswald Bartels eines Bergmanns

welcher im Jahre 1507, zu Ehrenfriedersdorff im Berg/ vorfallen und unvorsehens im 68 Jahr/ den 20. Septemb: noch gantz funden/ und von der Erbarn Knapschaft daselbst/ Christlichen weis zur Erden bestetigt wurden/
Gethan
Durch M. Georgium Raudte, dazu mal des orts Pfarrer
1588
Jetzund auf begern guthertziger Christen zu lehr und trost vor
Christliche Bergleut/ auch zum Gedechtnis/ in druck gegeben.
Gedruckt in der Churfürstlichen Bergstadt Freyberg
bey Georg Hoffmann.

Als dritte Quelle der Nachricht über die "Lange Schicht" dient der "Historische Schauplatz derer natürlichen Merckwürdigkeiten in den Meißnischen Ober = Erzgebirgen", verfaßt von Magister Christian Lehmann der von 1638 bis 1688 Pfarrer in Scheibenberg war. In dem vorgenannten Werke finden wir auf den Seiten 936 und 937, im 21. Kapitel der 16. Abteilung, das die Überschrift trägt: "Von seltsamen Begebenheiten mit Leichen" einen ausführlichen Bericht über die Wiederauffindung der Leiche Oswald Barthels.
"Die Alten haben große Kosten gemacht/ durch Balsamierung Mumien zubereiten/ und der Verwesung zu widerstehen. Gottes Wunderhand hat unvergleichlich mehr in folgender Begebenheit gethan/ davon ein altes Bergbuch zu Ehrenfriedersdorf, Anno 1543 angefangen also meldet:
"Kund und wissend sei, daß hernach verzeichnete Alten mit Nahmen Thomas Kandler, Andreas Reiter der Ältere zur Ehrenfriedersdorff und Simon Löser zu Dretbach, vor mir Valentin Feigen, Bergmeistern und Thomas Langern, geschwornen im Berg - Amt ausgesagt, daß ihnen wohl wissend und in guter Gedächtnis sei, daß einer mit Nahmen Oßwald Barthel ein Bergmann, welcher allhier zu Ehrenfriedersdorff, unten in Flecken in einen kleinen Häußlein gewohnet, da dieser Zeit Hanß Rößler innen ist, im Jahr 1508 am Tag Catharinä im Sau - Berge verfallen, als daß ihn kein Mensch zur Rettung kommen können.

Derselbe Oßwald Barthel ist heute Montag den 20. Septembris im 1568 Jahr in Brünlers Fundgrube im Sauberge, da man die selbe - abgewältiget, ungefähr in der siebenten Lachter unter dem tieffen Saubergstollen wieder gefunden worden. Ist also 60 Jahr / 9 Wochen / 3 Tage im Sauberge, unter Berg und Wasser gelegen. Darauff ist er den 26. September Christlicher Weise auf den Gewerken des Sauberger Stollns Unkosten zu Erden bestätiget worden mit einer schönen Leichen - Predigt, die der Achtbare, Ehrwürdige und Wohlgelährte Herr M. Georg Raudte, der Zeit unserer Pfarrer allhier gethan, und ihm Anfang der Predigt den Umständen auch diß zu Gemüthe geführet, daß groß zu verwundern, daß er einem eine Leichen - Predigt tuhn solte, welcher 35 Jahre ehe, als er, der Pfarrer gebohren, gestorben wäre. Es ist aber gemeldeter Oßwald Barthel sel. erstlich, da in Gewältigen geräumet worden, ganß gefunden, also, daß nichts an ihm gemangelt, sondern Leib, Kopf, Arme und Beine beysammen gewesen, hat eine Berg-Haube wie die Alten gepflogen, auf dem Haupt gehabt, und schwarz Haar halber ellen lang, einen weißen Zippel-Bels, ein baar Gruben-hosen, Schuh an Füssen, eine Unschlit-Tasche, einen Gruben-Zscherper mit Bley begossen umgegürtet. Es sind auch Schuh, Hosen und Bels ganß gewesen. Und ob man wohl dem Ansehen nach vermeinet, ihn ganß aus dem Sauberge zu bringen, da er aber angegriffen werden ist er mitten entzwey gebrochen und also in zwey Stücken herausgebracht worden. Des zum Zeugniß, daß es also eigentlich und gewiß geschehen, ist es zur Beglaubigung alsobald ins Berg-Buch einverleibet, und männiglich, der es begehret zur Nachricht eingeschrieben, den 28. September im 68 Jahr."

Folgende Unstimmigkeiten und Widersprüche verbergen sich in den vorstehenden Angaben:

1. Der ursprüngliche Eintrag ins Totenbuch nennt als Vornamen des aufgefunden Bergmanns "Matthes" und erst später hat eine andere Hand den richtigen Namen "Oßwald" eingefügt.
Dem Bergbuch nach aber haben die noch lebenden Zeugen sofort, also schon am 20. September, den richtigen Namen angegeben.

2. Sowohl das Bergbuch wie das Totenbuch geben an, daß der Aufgefundene 60 Jahre im Sauberge gelegen habe, also 1508 verschüttet sein muß, während Pfarrer Raudte von 61 Jahren spricht und daher das Jahr 1507 als das des Unfalls angibt.

3. Am Anfang des Berichtes des Bergbuches heißt es, daß "derselbe" Oswald Barthel "heute" Montag den 20 Septembris wiedergefunden worden sei, während es am Ende heißt im Widerspruch mit dem "Heute" daß der Bericht erst am 28. September ins Bergbuch eingeschrieben worden ist.
4. Pfarrer Raudte sagt, daß man "den Körper hat ganz wiedergefunden" und später noch einmal, daß Gott des Bergmanns Körper "ganz behalten und wieder heraus hat bringen lassen", während es im Bericht des Bergbuches heißt, daß er beim Anfassen
in zwei Stücke zerbrochen und so herausgebracht worden sei.

5. Oßwald Barthel ist am 25. November 1508 oder 1507 verschüttet worden und am 20. September 1568 wieder aufgefunden. Das Bergbuch gibt an 60 Jahre,
9 Wochen und 3 Tage. Rechnet man aber vom 20. September 1568 diese
60 Jahre, 9 Wochen und 3 Tage zurück, so kommt man nicht auf den
25. November 1507 oder 1508, sondern auf den 16. Juli 1508.

6. Pfarrer Raudte sagt in seiner Predigt, er sei an einem Montag verfallen. Der 25. November 1507 war aber ein Donnerstag und der 25. November 1508 ein Sonnabend.

Was ist nun an der ganzen Geschichte noch Wahrheit und Wirklichkeit? Unumstößliche Tatsache ist, daß am 20. September 1568, an einem Montag, die Leiche eines Bergmannes in einem verschütteten Stollen des Sauberges gefunden worden ist. Tatsache ist ferner, daß diese Leiche noch sehr gut erhalten war. Körper und Kleidung waren unverwest. Die Ausrüstung wurde vollständig vorgefunden. Weiterhin ist Tatsache, daß dieser Tote Jahrzehnte unter der Erde gelegen hat, und daß etliche alte Bergleute schon vorher öfters von diesem Unfall erzählt haben. Am 28. September 1568 ist die Leiche unter großer Anteilnahme der ganzen Gemeinde begraben worden, wobei Magister Raudte die Begräbnispredigt gehalten hat.

Wie schon erwähnt haben sich viele Heimatforscher und Chronisten mit der "Langen Schicht zu Ehrenfriedersdorf" befaßt und waren um eine Klärung der vorstehenden Unstimmigkeiten bemüht. Auch wir haben intensive Forschung zum Thema "Lange Schicht" betrieben. Immer wieder kommen wir auf viele Widersprüche, die bereits in den 30er Jahren durch Curt Langer aus Annaberg und etwas früher auch durch Pfarrer Schmidt aus Ehrenfriedersdorf aufgezeichnet worden sind. Da unsere Erforschungen sich fast ausnahmslos mit den Aufzeichnungen der 30er Jahren decken möchten wir diese zur Klärung als Grundlage nehmen.
Unbedingt zuverlässig erscheinen uns der Eintrag ins Totenbuch und die Leichenpredigt, da sie uns im Original vorliegen, während die uns überlieferte Fassung des Berichtes im Bergbuch nur eine mehr als 100 Jahre spätere Abschrift ist.
Trotzdem muß angenommen werden, daß diese Abschrift auf einen zeitgenössischen Originalbericht zurückgeht. Wie bei jedem Bergamt ist natürlich auch beim Bergamt Ehrenfriedersdorf ein Bergbuch geführt worden, in das man alle irgendwie bemerkenswerten Umstände eingetragen hat, die den Bergbau betrafen. Vergleicht man nun die Abschrift Lehmanns mit den Angaben der Leichenpredigt, so erkennt man, daß Einzelheiten bis auf wenige Ausnahmen völlig übereinstimmen. Der Bericht des Bergbuches und die Leichenpredigt könnten im gegenseitigen Einvernehmen des Bergamtes und des Pfarrers entstanden sein.
Weiterhin ist Tatsache, daß die im Bericht des Bergbuches genannte Zeugen und Personen wirklich gelebt haben.
So wissen wir z. B. das der aufgeführte Thomas Kandler 1483 geboren und am 10. Mai 1581 im Alter von 98 Jahren verstorben ist. Er stand also zur Zeit der Verschüttung Oßwald Barthels im 25. Lebensjahr und ist somit ein einwandfreier Zeuge jenes Ereignisses gewesen.
Wie schon erwähnt hat man eine Änderung des Vornamens "Matthes" in "Oßwald" im Begräbnisbuch vorgenommen. Es kann aber nicht daraus geschlossen werden, daß zur Zeit des Begräbnisses des Bergmannes dessen Vorname noch nicht genau bekannt war und daß daher der Bericht des Bergbuches, der den Namen sofort bestimmt angibt, aus späterer Zeit stammt. Seltsam ist trotzdem der Umstand, daß Pfarrer Raudte in seiner Predigt die dem Gebrauch der Zeit entsprechend, ziemlich lang war nicht ein einziges Mal den Namen des toten Bergmannes erwähnt. Daß Pfarrer Raudte den Namen des Bergmanns nicht erwähnt, ist ebenfalls kein Beweis dafür, daß er ihn nicht kannte. Ihm kam es bei seiner Predigt nur darauf an, ein Beispiel der göttlichen Allmacht in dem Ereignis zu sehen, der Name war ihm nebensächlich besonders, der anscheinend bei der Wiederauffindung Barthels keine näheren Angehörigen von ihm mehr am Leben waren. Wir können aber auch aus Raudtes Worten selbst ersehen, wie unwahrscheinlich es ist, daß er den Namen nicht gekannt hat. Denn er sagt, daß etliche Alte noch der Verschüttung gedenken und davon berichten.
Die Erinnerung an den Unfall ist also in der Bevölkerung noch durchaus sehr lebendig gewesen. Vielleicht liegt hier nur ein Versehen des Kirchenbuchführers vor. Auch der Umstand, daß in der gedruckten Predigt als Jahr des Unfalls 1507, im Bergbuch aber 1508 angegeben wird, spricht nicht gegen die Richtigkeit des Eintrages im Bergbuch, sondern vielmehr gegen die Richtigkeit der Angaben in der Predigt.
Dazu kommt, daß der Pfarrer Raudte die Leichenpredigt erst zwanzig Jahre also 1588 in Druck gegeben hat. Auch war Pfarrer Raudte zur Zeit der Drucklegung der Predigt nicht mehr in Ehrenfriedersdorf, hatte also auch die dort vorhandenen Quellen nicht unmittelbar zur Verfügung. Trotzdem könnte auch das Unglücksjahr 1507 das richtige sein, auch wenn Diakonus Stöfer 1568 ebenfalls von 60 Jahren im Totenregister schreibt.
Zwischen der Wiederauffindung und dem Druck der Predigt liegen wie schon erwähnt zwanzig Jahre. Man könnte doch annehmen, daß diese Zeit ausgereicht hat um alles aufzuklären, oder hat sich bis 1588 das Unglücksjahr1507 bestätigt?

Zum Widerspruch der in dem Wörtchen "heute" am 20. September und der Datierung des Eintrages im Bergbuch vom 28. September liegt kann folgendes gesagt werden. Der Eintrag im Bergbuch besteht wahrscheinlich aus drei Teilen. Der erste Teil befaßt sich mit dem 20. September, der zweite Teil mit dem Begräbnis und im dritten Teil werden nähere Angaben über den Zustand des Leichnams, die man offenbar nach näherer Prüfung eingetragen hat, gemacht.
Diese Angaben könnten einzeln aufgeschrieben und am 28. September in das Bergbuch, wie geschrieben wurde "einverleibt" worden sein.

Zum Zustand des Körpers beim Herausbringen aus der Grube ist folgendes zu sagen. Das Bergbuch gibt an, daß er in zwei Stücke zerbrochen sei - die Leichenpredigt sagt nicht davon. Vielmehr heißt es darin: - "dessen Körper er ganz behalten und wieder heraus hat bringen lassen". Pfarrer Raudte kam es besonders darauf an, im Ereignis ein Zeichen göttlicher Allmacht zu sehen und dies zu preisen. Das der Leib dann beim Herausbringen in zwei Stücke zerbrochen ist mußte ihm daher als etwas Unwesentliches erscheinen, das nicht erwähnt zu werden brauchte. Es kann auch sein, daß Pfarrer Raudte von dem Zerbrechen in zwei Teile gar nichts gewußt hat. Es ist durchaus denkbar, daß man, um das Wunder noch größer erscheinen zu lassen, zunächst einmal das Zerbrechen des Leichnams verheimlicht hat. Für diese Ansicht spricht der Umstand, daß man im Bergbuch dieses Zerbrechen nicht gleich bei dem Bericht von der Auffindung der Leiche, sondern erst später, nach den Nachrichten über das Begräbnis, vermerkt hat.
Am schwersten scheint uns der Umstand zu wiegen, daß die Zeitangabe 60 Jahre, 9 Wochen, 3 Tage nicht mit dem wirklichen Tag des Unfalls, dem 25. November, in Übereinstimmung zu bringen ist. Für die Berechnung von Lebensaltern und sonstigen Zeitunterschieden sind in den alten Kirchenbüchern usw. zwei verschiedene Arten üblich gewesen. Die erste Variante man rechnet vom Geburtsdatum die vollen Jahr plus Monate bzw. Wochen und Tage. Die zweite Variante man rechnet vom Geburtsdatum bis zum Sterbejahr die vollen Jahre und rechnet die fehlende Monate bzw. Wochen und Tage ab.
Vom 25.11.1508 bis 25.11.1568 sind 60 Jahre. Dabei haben wir zuviel gerechnet. Im November 25 Tage, im Oktober 31 Tage und im September 10 Tage (20. September Auffindung - 21. - 30. September) zusammen ergeben das 66 Tage. 66 Tage aber sind genau 9 Wochen und 3 Tage. Nach dieser in damaliger Zeit üblichen Berechnungsweise beträgt der Zeitunterschied zwischen dem 25. November 1508 und dem 20 September 1568 genau 60 Jahre weniger 9 Wochen und 3 Tage.
Wir sehen also, die Zeitangabe des Bergbuches stimmt ganz genau, wenn wir zwischen die Worte "60 Jahre" und "9 Wochen" das Wörtchen "weniger" einschieben. Das kann unmöglich ein zufälliges Übereinstimmen sein. Wir müssen daher den zwingenden Beweis sehen, daß beim abschreiben des Berichts des Bergbuches dieses "weniger" vergessen worden ist.
Leider ist die Angabe Raudtes, daß Oswald Barthel an einem Montag verfallen sein soll, zur genauen Feststellung nicht brauchbar, da der 25. November 1507 wie schon erwähnt ein Donnerstag und 1508 ein Sonnabend war. Wenn wir uns mit dem Zeitunterschied von der Verschüttung und der Wiederauffindung Oswald Barthels beschäftigen, möchten wir aber auch auf die großartigen und außerordentlichen Veränderungen der Weltgeschichte und unserer Heimatgeschichte hinweisen.
Der Augustinermönch Luther schlug die 95 Thesen an die Schloßkirche zu Wittenberg und begann damit das gewaltige Werk der Reformation. Wie ein Held kämpfte Luther zu Worms vor Kaiser und Reich für Gewissens- und Glaubensfreiheit. Das großartige Werk der Bibelübersetzung wurde auf der Wartburg begonnen und in Wittenberg vollendet. Die Anhänger Luthers übergaben auf dem Reichstag zu Augsburg dem Kaiser ihr Glaubensbekenntnis, die "Augsburger Konfession". Die Welt war einfach eine andere geworden in der Zeit, die zwischen dem Tode und dem Begräbnis Oswald Barthels lag. Und auch unser Ehrenfriedersdorf hatte in dieser Zeit ein anderes Aussehen bekommen. Als Oswald Barthel verunglückte, standen die Häuser unserer Stadt am Abhang des Saubergs. Der Marktplatz war neben der Kirche. Als Oswald Barthel begraben wurde, lag die Stadt mehr im Tale. Dorthin hatte man sie nach dem großen Brand von 1528 gebaut. Als Oswald Barthel starb, hatte die alte St. Niklas Kirche sechs Altäre, aber keiner von diesen Altären hatte eine besonderen Wert. Als er begraben wurde, hatte die Kirche nur noch einen Altar, den dreiteiligen Flügelaltar, der heute noch einer der schönsten und wertvollsten Altäre Deutschlands ist. Als Oswald Barthel starb, läutete eine kleine Glocke, die heutige Taufglocke. Als er begraben wurde, läutete vom Elfenturm die Bergglocke von 1519 und vom Hauptturm die große Glocke aus dem Jahr 1543. Als er starb, war ganz Deutschland und mit ihm auch Ehrenfriedersdorf noch katholisch. Als er begraben wurde, war der größte Teil Deutschlands mit ihm auch Ehrenfriedersdorf evangelisch. Im katholischen Glauben ist Oswald Barthel zur letzten Schicht eingefahren und nach evangelisch lutherischen Brauch begraben worden. Dichtung ist selbstverständlich die Erzählung von Anna Baumwald, der Tochter des Obersteigers, die angeblich mit Oswald Barthel verlobt war, die nach der Verschüttung ihres Verlobten vor Schreck schwer erkrankte, die nach ihrer Genesung am Altar niederkniete und der Jungfrau Maria gelobte, ihrem Oswald treu zu bleiben und keinen anderen zu heiraten, die am Tag der Wiederauffindung des Verunglückten den Toten sofort erkannte und dann am Sonntag darauf mit dem Myrtenkranz auf dem weißgebleichten Haar in der Kirche das Heilige Abendmahl feierte. Diese Erzählung ist erst viel später entstanden, wahrscheinlich erst nach der Veröffentlichung über die wahre Begebenheit im Kupferbergbauort Falun in Schweden. Dort ereignete sich ebenfalls eine Wiederauffindung eines Bergmanns (Stor Mats Israelsson) der 42 Jahre verschüttete war. Der Leichnam war ganz mit Eisenvitriol durchdrungen. Zum Zeitpunkt der Wiederauffindung soll in Falun wirklich noch die verlobte Braut des verunglückten Bergmannes gelebt haben, und dort auch einwandfreie Aussagen über den Verunglückten gemacht haben. Diese Erzählung beruht auf Tatsachen. Im Oktober 1677 fiel wirklich der Bergmann Stor Mats Israelsson anläßlich des Durchschlags zwischen zwei Stollen in einer Teufe von 300 Ellen, also rund 150 Meter einem Deckeneinbruch zum Opfer.

Erst im Jahre 1719 wurde der Leichnam unverwest in voller Grubenkleidung geborgen. Unklar ist, warum es z. B. ein Gedicht gibt, das von "mehr denn sechzig Jahren" spricht. Für 500 Taler erwarb die Universität Stockholm den Leichnam zu Studienzwecken. Erst als er nach Aufbewahrung in einem Glaskasten von Jahr zu Jahr härter und brüchiger wurde, erfolgte 1749 die Bestattung. Die ersten Veröffentlichungen in deutscher Sprache hierüber erfolgten bereits 1722 ab 1808 wurden sie erst populär. Dieser Tatsachenbericht drang natürlich auch nach Ehrenfriedersdorf und so können wir uns jetzt auch vorstellen wie die Erzählung und Dichtung um die Braut Anna entstanden sein könnte.
Dies zum Thema "Lange Schicht zu Ehrenfriedersdorf".

Im Jahre 1614 wurden der damals als Ehrbaren - Grab - Brüderschaft genannten Bruderschaft 12 Artikel verliehen, wonach diese ihr gesamtes Verhalten, Tun und Handeln einrichten mußte. Die genannten Artikel, die im Original in der Lade und eine zweite Originalabschrift im Archiv unserer Stadt sind, stammen vom Bergmeister Wagner.

Die Zwölf Artikel der Berggrabebrüderschaft von 1614 in sinngemäßer Wiedergabe

Vor dem derzeitigen Bergmeister Andreas Wagner, seinem Geschworenen Christoff Scheubner und den Ältesten der Bergknappschaft des alten, kurfürstlichen sächsischen, freien Bergstädtleins Ehrenfriedersdorf ist heute, wie unten datiert, die hiesige Brüderschaft der Bergleute persönlich erschienen. Sie gibt an, dass sie der heiligen Justitien zu Ehren und der Brüderschaft zu Nutz und Beförderung einiger Artikel bedarf, nach denen ihr zusammenwirken geregelt werden soll. Solches Begehren ist nicht unbillig, sondern es ist viel mehr zu erwarten, daß es den Frieden und die Einigkeit zwischen den Brüdern und Freunden entsprechend der neuen Vermachung des gelehrten Mannes befördert, und dagegen Haß, Zank, Feindschaft und die bisher herrschende Unordnung unterbindet. Weil in Ehrenfriedersdorf solche Gebote nicht üblich waren, haben wir das Bergamt Annaberg um eine Abschrift ihres Originales "bittlich angehalten" und solche auch bekommen. Diese Artikel entsprechen in allen Punkten unseren Vorstellungen, so daß wir sie für uns und unsere Nachkommen als Rechtsmittel in den entsprechenden Fällen überreichen und bestätigen wollen. Wenn es die Umstände erfordern, sollen wir und unsere Nachkommen jederzeit auch die Möglichkeit haben neue Artikel zusätzlich zu beschließen oder andere aufzuheben. Dagegen soll die Brüderschaft, die sich jetzt zusammengefunden hat, sich an unsere Gebote halten. Wenn aber die Mehrzahl von uns und unseren Nachkommen einer Meinung ist, kann eine Änderung der Artikel erfolgen.

Zum Ersten
Wie in allen Handwerken, Zünften und Innungen üblich, soll jedes Quartal eine Zusammenkunft stattfinden. Der obengenannte Bergmeister wird selbst dabei sein, oder wenn er mit wichtigen Amtsgeschäften beladen sein sollte, seinen Geschworenen oder einen Ältesten schicken. Die Brüderschaft soll bei demjenigen versammeln, der die Lade verwahrt, sobald die Häuerglocke zu elfen ausgeläutet. Ein Jeder soll einen Groschen in die Lade legen. Wer zuspät kommt, soll einen Groschen zur Strafe geben. Wenn einer aus trefflichen Gründen gar nicht erscheint, soll er die Gründe dafür der Brüderschaft vortragen und unbedingt drei Groschen Strafe in die Lade zahlen. Wer drei Quartale nicht vor der Lade erscheint, soll von der Brüderschaft ganz ausgeschlossen werden und nicht eher wieder aufgenommen werden, bis er sich mit dieser wieder von Neuen geeinigt hat.

Zum Zweiten
Wenn einer nach dem Willen Gottes stirbt, so soll seine Witwe den Quartalsgroschen einlegen, damit ihr auch fernerhin in Notfällen die Unterstützung der Brüderschaft gewiß ist.

Zum Dritten
Keiner soll mit einer Mordwaffe zur Lade kommen, bei Androhung von einem Groschen Strafe.

Zum Vierten
Wer nicht barhäuptig vor die Lade tritt oder seinen Hut und Mütze nicht zieht, wird mit einem Groschen Strafe belegt.

Zum Fünften
Bei offener Lade darf keiner die Versammlung verlassen, unter Androhung eines Groschen Strafe.

Zum Sechsten
Es soll sowohl in der Versammlung der Brüderschaft Fluchen, Schelten und der Mißbrauch des Namens Gottes untersagt sein, also auch das Lästern Gottes in der Grube, Kaue, auf dem Sauberg, in den Hütten und Pochwerken verboten sein. In Hinblick darauf, daß mancher ehrliche Mann für einen Gottlosen büßen muß, sollen nicht nur der Vorsteher der Lade sondern auch ein jeder Steiger und Mühlmeister für seine Untergebenen darauf achten. Sie sollen darauf achten in Anbedracht ihrer Verantwortung und ihres geschworenen Eides, damit ein solcher Lästerer die gebührende Strafe erfährt und dem Laster mit Ernst gesteuert wird. Wer solche Lästerung hört und verschweigt sie, wird es vor dem Angesicht Gottes verantworten müssen. Sowohl unser Seelsorger als auch der Ehrbare Rat werden täglich mit Fleiß vermahnen, als auch ein jeder Hausvater und Bergmann nicht nur auf seine Person achten, sondern auch sein Weib und seine Kinder dazu anhalten soll. Es sollen nicht nur am Sonntag sondern auch in der Woche die Predigten besucht werden. Obwohl es bei vielen kein rechtes Gehör findet, soll nochmals darauf hingewiesen werden, daß auf Gottes Lästerung und Beschimpfung Gottes zeitliche und ewige Strafe folgt und kein Glück und Segen dabei sind. Ein jedes fromme und christliche Herz soll für sich selber sprechen, damit wir nicht für gottlos gehalten werden.

Zum Siebenten
In der Versammlung der Brüderschaft soll keiner der Anderen in beleidigender oder tätlicher Art angreifen, zu Zank und Hader Anlaß geben und auch keine bösen Worte gebrauchen. Wer etwas für oder gegen die Brüderschaft vorzubringen hat, soll es mit Bescheidenheit tun. In gleicher Weise soll sich auch der Beklagte mit seiner Antwort zurück halten. Wer sich hierbei ungebührlich aufführt, soll drei Groschen Strafe erlegen. Wer sich jedoch des Aufruhres und der Zusammenrottung schuldig macht, soll nach Erkenntnis der Brüderschaft gebührlich bestraft werden und zwar zusätzlich zur Strafe des Ehrbaren Rates.

Zum Achten
In der Versammlung der Brüderschaft bei der Lade soll keiner den Anderen der Lüge bezichtigen, bei Androhung von einem Groschen Strafe.

Zum Neuenten
Keiner soll, was in der Versammlung bei der Lade gesprochen wird, weiter erzählen. Wer sich dennoch untersteht, soll einen Groschen in die Lade zahlen.

Zum Zehnten
Nach dem Ratschlage Gottes sind wir es unseren Verstorbenen schuldig, sie in christlicher und ehrlicher Weise zu bestatten. So soll in Zukunft bei Bestattungen an Feiertagen, Sonnabenden und Sonntagen ein jeder Hauswirt selbst mit zu Grabe gehen, und nicht seine Kinder und sein Gesinde schicken. Wer solches mutwillig und ohne Not übergeht, soll unbedingt drei Groschen Strafe geben.

Zum Elften
Fällt die Bestattung in die Woche, wenn der Hausvater an seiner Arbeit ist, so soll trotzdem sein Weib oder Jemand von den Seinen mit zu Grabe gehen. Der Zettel mit dem Namen des Hausvaters ist der Brüderschaft wieder zurückzugeben. Die Strafandrohung beträgt drei Groschen.

Zum Zwölften
Wer zum Leichenträger bestellt wird, den soll es freistehen, einen Anderen an seiner Stelle zu schicken. Dem Stellvertreter soll er aber nicht mehr als zwei Groschen Lohn geben, und trotzdem noch selbst mit zu Grabe gehen. Weiterhin sollen auch alle Zeit drei Witwen oder Jungfrauen Trauer halten, und es ist ihnen nicht mehr als der jetzt gedachte Lohn dafür zu zahlen, bei Strafe von drei Groschen.

Zum Beschluß
Jeder Bergmann oder Handwerker, der der Brüderschaft angehört oder in dieselbe eintreten möchte, soll zuerst an die Pflichten denken, die ihm aus den Artikeln erwachsen. Es ist nicht nur vom Bergamt sondern auch von der Brüderschaft beschlossen worden, daß man vier zuverlässige Mann aus der Brüderschaft dazu brauchen soll. (Vermutlich sollen die vier Mann den Vorstand der Brüderschaft bilden. Da bei Handwerkerinnungen zu damaliger Zeit zwei oder vier Vorstandsmitglieder je nach Stärke der Innung allgemein üblich waren, ist die unklare Andeutung damals unmißverständlich gewesen.) Die Lade soll dem Lose nach einem jeden (von den Vieren oder gesamten Brüderschaft ist unklar?) übergeben werden, der dann jedes Jahr einmal Rechenschaft über die Einnahmen und Ausgaben der Brüderschaft geben soll. Klagen oder Beschwerden sind bei den oben genannten vier Personen anzubringen. Was sonst für die Brüderschaft zu regeln notwendig ist, das sollen die vier Mann mit Wissen und Willen der Brüderschaft ins Werk setzen. Das ist dann für jeden verbindlich.

Zur Beurkundung und um der weiteren Bekräftigung willen, haben wir, der oben angeführte Bergmeister und seinen Geschworenen, in Beisein der Knappschaftsältesten unseren eigenen Willen am Ende dieses zusätzlichen Artikels gewissendlich aufgedrückt.
Geschehen und gegeben am Sonntag nach Johannes dem Täufer, welcher war der 24. Juni im Jahre 1614 nach Christi Geburt.

In den Jahren 1618 - 1648 brach nun auch über unsere Heimat und über die Brüderschaft wieder eine sehr schlimme Zeit herein. Der 30-jährige Krieg riß in die Reihen der Einwohner große Lücken. Die Lade der Brüderschaft mußte in Sicherheit gebracht werden. Nach mündlichen Überlieferungen heißt es, man habe die Lade an einem sicheren Ort in der Grube versteckt. Diese Lade mit vielen historischen Zeitzeugen ist nie wieder gefunden worden, wahrscheinlich sind die Brüder, die sie verwahrt haben, während des Krieges umgekommen. Eine zweite Überlieferung behauptet, die Lade sei beim Brand durch Blitzschlag beim damaligen Ladevorsteher Kutter verbrannt. Beide Möglichkeiten können wahr sein.
Im Jahre 1628 wurde von einer zweiten "Langen Schicht" in Ehrenfriedersdorf berichtet; dieser Bergmann soll weit über 100 Jahre im Sauberg gelegen haben. Leider sind hiervon keine Aufzeichnungen zu finden; nur das Totenbuch der St. Niklaskirche weist darauf hin, daß am 23. März 1628 ein Bergmann beerdigt wurde, bei dem kein Name eingeschrieben werden konnte, da niemand diesen kannte. Durch den 30-jährigen Krieg wurde verständlicherweise diesem Ereignis nicht so viel Beachtung geschenkt.
1629 wurde der Elfenturm unserer Kirche, der in den alten Schriften der Berggrabebrüderschaft als Berg- Knappschafts- Elfenturm genannt ist, errichtet. Die Kosten wurden vom Bergamt und von der Knappschaftskasse übernommen. Anno 1777 ist der sogenannte Elfenturm der zu dieser Zeit noch der Knappschaftskasse gehörte und von dieser unterhalten wurde dem First der Sankt Niklas Kirche wieder aufgesetzt und ganz neu wieder erbaut wurde. Die Kosten dieses Baues trug wegen damaligen Unvermögens der Ehrenfriedersdorfer Knappschaftskasse einstweilen die Obergebirgische Quatembergelderkasse: Die Kirche leistete einen Betrag von 10 Thalern, die Fuhrlöhne wurden von den Ehrenfriedersdorfer Berggebäuden übernommen, das Holz zum Bau wurde aus dem Freiwald durch den Oberforstmeister zu Wolkenstein angewiesen. Früher hatte das Bergamt die Verfügung über diesen Turm. Die Knappschaftskasse genoß dieser Wegen eine kleine Einnahme. So erhielt sie zum Beispiel 1777 von einem Begräbnis mit Predigt einen Groschen, später 12 Pfennig und einem solchen mit Standrede zwei Groschen später 25 Pfennig. Für das Läuten der Bergglocke erhielt der Türmer jährlich 12 Mark und 40 Pfennige zu Öl aus der erwähnten Knappschaftskasse.
Aber nun wieder zurück in die Jahre um 1649. Nach dem Krieg war der Bergbau wieder am Boden. Die Erzförderung war sehr gering, die Gewerke arm, die Anlagen baufällig und die Wälder abgewüstet. Erst um 1690, mit allmählicher Gesundung der Wirtschaft Sachsens, erhob sich auch der Bergbau im Ehrenfriedersdorfer Revier wieder. Ab 1705 bis ungefähr 1740 wird von einer Blütezeit des Bergbaus berichtet.
1711 wurde eine neue Lade angeschafft, die heute noch im Besitz der Berggrabebrüderschaft ist.
In Zusätzen der 1614 verliehenen Artikeln der Berggrabebrüderschaft steht geschrieben, daß die zwei jüngsten Brüder bei herannahenden Gewitter sofort zur Donnerwache beim Ladenvater zu erscheinen hatten. Vielleicht weist diese Maßnahme auch auf eine böse Erfahrung, in Anbedracht der ersten Lade unserer Brüderschaft hin. 1725 hören wir von einer großen Feuersbrunst die in unserer Heimat hauste, es wird berichtet, daß hierbei auch wichtige Schriften unserer Stadt und Brüderschaft verbrannten. Im Jahre 1756 wird von einem erneuten Niedergang des Bergbaus im Ehrenfriedersdorfer Grubenrevier berichtet.

Der 7-jährige Krieg (1756 - 1763) begann. Der Krieg zerstörte die Wirtschaft Sachsens völlig und dies hatte wiederum eine negative Auswirkung auf den Bergbau; die Erzproduktion sank auf 1/3 der 1757 erbrachten Menge von 636 Zentner auf 202 Zentner Zinn im Jahresdurchschnitt von 1769.

Am Weihnachtstag des Jahres 1769 ereignet sich eines der schwersten Bergwerksunglücke in Ehrenfriedersdorf. 6 treue Bergleute mußten ihr Leben lassen

Johann Gottfried Kopper, ein lediger Berghauer, allhier
26 Jahre, 9 Wochen, 2 Tage

Johann Gotthilf Münzner, ein Berg- und Ehemann, allhier
34 Jahre, 8 Monate

Johann Benjamin Wendler, ein Berg- und Ehemann, allhier
34 Jahre, 8 Monate

Christoph Gottlieb Schmeg, ein Berg- und Ehemann, allhier
27 Jahre, 9 Monate

Johann Gottlieb Hilbert, ein Berg- und Ehemann, allhier
29 Jahre, 9 Monate

Johann Christoph Schönherr, ein Zimmermann und Ehemann, allhier
26 Jahre, 4 Monate

Diese hier vermerkten 6 Bergleute sind am heiligen Weihnachtsfest des Jahres 1769 auf dem "Reichen Silbertroster Erbstollen" am Greifenbach durch böse giftige Wetter elendlich, aber Gott gebe selig, um ihr zeitliches Leben gekommen und gestorben.
Man hatte am Sonnabend des 4. Advents etwa eine halbe Klafter Holz wegen des sehr festen Gesteins angebrannt. Dies wurde als Feuersetzen bezeichnet.
Das Gestein wurde mürbe und brüchig; dadurch ließ sich die Arbeit leichter verrichten. Am heiligen Christabend, nachmittags um 15 Uhr, machte der Steiger Stelzel und der Berghauer Kopper einen Kontrollgang um nach dem Feuer zu sehen. Das Feuer brannte nicht mehr und sie begannen das Feuer wieder frisch anzuzünden.
Kurz darauf fällt der Berghauer Kopper um und der Steiger Stelzel kriecht auf Händen und Füßen aus dem Stollen. Schnell holt er Hilfe, aber die Wetter waren zu stark um in den Stollen einzufahren. Am Christtage, früh, wagen es 12 andere Bergleute und wollen den Hauer retten. Fünf davon bleiben auf dem Tragwerk (die Wasserseite des Stollens) liegen und mußten sterben.
Erst am Freitag darauf, den 29. Dezember, konnten die Sechs verunglückten Bergleute im Beisein des allhiesigen Kurfl. Sächs. Bergamtes herausgeschafft werden.
Fünf Bergleute wollten ihren Kameraden retten und kamen dabei selbst ums Leben.

Dies war Anlaß, am 24. Dezember nicht mehr in die Grube einzufahren, sondern eine Gedenkfeier - Die Bergmettenschicht - abzuhalten. Die Bergleute setzten dies mit einem Streik beim Bergamt durch.
Noch heute wird dieser Bergleute gedacht und die Tradition der Bergmettenschicht weitergeführt und erhalten.
Die Bergmettenschicht hat sich im Wandel der Zeit von einer reinen Gedenkfeier zu einer heiter, besinnlichen Weihnachtsveranstaltung entwickelt. Weihnachten soll ja auch ein Fest der Freude und Liebe sein.
Jedoch sollte jeder, der am heiligen Christabend zur Bergmettenschicht geht, mit Achtung an das Jahr 1769 zurückdenken, als nämlich die Weihnachtsglocken zu Unglücksglocken wurden und viel Leid über unsere Vorfahren kam.
1770 - 1771 hören wir von zwei verhängnisvollen Mißernten.
Im Hungerjahr 1772 wurden 586 Personen zu Grabe getragen. Auch mancher Bergmann mußte sein Leben lassen.
Es wird berichtet, daß viele Bergleute nach verfahrner Schicht durch mangelnde Ernährung auf dem Heimweg vor Hunger starben.
Bereits 1770/71 wurden der Berggrabebrüderschaft weitere Zusätze zu den 1614 verliehenen Statuten hinzugefügt.

Darin hieß es zum Beispiel:
Bei Ableben eines Mitbruders Frau soll diese kostenlos zu Grabe getragen werden, Kruzifix und Leichentuch sollen ebenfalls unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Bei eines Mitbruders Kinder sollen dagegen Kruzifix und Leichentuch nicht, aber die Träger von der Brüderschaft gestellt werden.

Aus diesen Zusätzen können wir wiederum ersehen, welchen großen sozialen Gedanken die Berggrabebrüderschaft getragen hat. Die Verhältnisse um 1772 waren für die Berggrabebrüderschaft unerträglich, da die Bestattung der Verstorbenen alle Menschenwürde und die letzte Ehre vermissen ließen. In einer Zeit der größten Not und Armut wird beschlossen nicht nur die Berufskameraden sondern auch deren Frauen und Kinder zu Grabe zu tragen, um auch diesen Familienangehörigen eine würdevolle Bestattung zuzusichern.
In einem weiteren Schriftstück wird erwähnt, daß die Brüderschaft 7 große Zinnkannen im Besitz hat. Leider sind heute nur noch 2 Zinnkannen im Besitz der Brüderschaft.

Die Inschriften lauten wie folgt:

"Adolph Langer derzeit Bergmeister 1664
der Bergbrüderschaft Kanne zu Ehrenfriedersdorf"


"Adolph Langer dieserzeit Bergmeister Anno Christi 1689
Der löblichen Bergknappschaft Ehrenfriedersdorf gehörig"

Der Bergbau kam bis Ende des Jahrhunderts nicht wieder auf die Beine. Später wird sogar vom Verlust des jahrhundertelang bestandenen Bergamtes berichtet.
1794 wurde das Bergamt Ehrenfriedersdorf mit dem Bergamt Geyer zusammengeschlossen und etwas später dem Bergamt Marienberg unterstellt.
Am 23. Juni 1830, als im ganzen Lande die Gedächtnisfeierlichkeiten anläßlich der 300. Wiederkehr des Tages der Verlesung der Augsburgischen Konfession, des Lutherischen Grundbekenntnisses auf dem Reichstag zu Augsburg1530 stattfanden, traten auch die Ehrenfriedersdorfer Bergleute mit ihrer Knappschaft großartig hervor. Am 23. Juni selbst um 4 Uhr hielten die Bergleute auf dem "roten Pochwerk" das geschmückt mit Blumen und Kränzen war, eine Betstunden ab. Ebenfalls wurde am 25. Juni 1830 eine Prozession vom Rathaus zur Kirche durchgeführt, bei der die Bergknappschaft zu Ehrenfriedersdorf ebenfalls lobend erwähnt wird. Durch die veränderten Zeitverhältnisse wurden die Vereinssatzungen 1833 einer Umgestaltung unterzogen. Es hat zu diesem Zweck ein ziemlich großer Schriftwechsel zwischen dem Oberbergamt Freiberg und dem Bergamt Ehrenfriedersdorf/Geyer und Brüderschaft stattgefunden. Zum damaligen Zeitpunkt verfügte die Berggrabebrüderschaft über ein großes Vermögen. Sie war vor allem eine Art Bank zur Verleihung von Geldern auf Grundstücke. Das Verleihung wurde peinlich genau vorgenommen. In einer Niederschrift von 1819 ist ersichtlich, daß mehreren auswärtigen Personen das Kapital gekündigt wurde, da sie die festgesetzten Zinsen nicht pünktlich bezahlten. Aus dem Jahresabschluß des Jahres 1847 ist ersichtlich, das die Berggrabebrüderschaft über ein Vermögen von 1023 Talern, 7 Groschen und 5 Pfennige verfügte. Die Mitgliedschaft bestand damals in 144 Brüdern und 18 Schwestern.
1866 wird von einem großen Stadtbrand in Ehrenfriedersdorf berichtet. 18 Bergleuten wurde eine erhebliche und reiche Geldunterstützung von der Knappschaftskasse zuteil, da ihre Häuser abgebrannt waren. Am 03. Juli 1878 wurde durch die Berggrabebrüderschaft eine weitere Aufbewahrungslade angeschafft. Diese Lade wurde bis 1915 im sogenannten Bergchor unserer St. Niklaskirche aufbewahrt. Ihr Inhalt war hauptsächlich auf Kassen und Rechnungsbücher beschränkt. Bis heute wird auch diese Lade, die man auch mit einer damals üblichen Wäschetruhe oder Wäschekoffer vergleichen kann, beim Ladenvater unserer Brüderschaft aufbewahrt.
Im Jahre 1882 wurde das geltende Statut abermals geändert.
Insbesondere erfolgte die gerichtliche Eintragung als Genossenschaft. Vom Königlichen Amtsgericht zu Ehrenfriedersdorf liegt aus dem Jahre 1883 folgende Mitteilung vor.

"Auf Folium 7 des Genossenschaftsregisters für den hiesigen Amtsgerichtsbezirk ist heute die hier bestehende Berggrabebrüderschaft als juristische Person eingetragen worden.
Ehrenfriedersdorf, d. 18. Januar 1883"


Die Berggrabebrüderschaft zählt also auch zu den ältesten Genossenschaften unserer Heimat.
In den folgenden Jahren wird von der Organisierung eines Bergfestes anläßlich eines Besuches seiner Majestät des Königs in Ehrenfriedersdorf berichtet. Aus dem Amts- und Wochenblatt vom 22. Juli 1885 hören wir: Wie bei den meisten Gruben des Sächsischen Erzbergbaus soll dieses Jahr auch von der Mannschaft des hiesigen Zinnbergwerkes "Ehrenfriedersdorf Vereinigt Feld Fundgrube" ein Bergfest abgehalten werden und zwar wurde selbiges aus Anlaß der bevorstehenden Ankunft seiner Majestät des Königs auf nächsten Sonnabend den 25. Juni festgesetzt. Der Bergaufzug, wobei die Beamten und Arbeiter in ihren alten, sehr kleidsamen Trachten erscheinen, bewegt sich früh 1/2 7 Uhr von der Grube durch die obere Stadt nach der Kirche, wobei Pastor Dr. Seidel die Bergpredigt abhalten wird. Es ist zu erwarten, daß dieses hier lange entbehrte Bergfest zur Erhöhung der festlichen Stimmung des Tages, das seinige beitragen wird.

Weiter heißt es im Amts- und Wochenblatt vom 27. Juli 1885:
Eine schöne Einleitung zur Feier zur festlichen Tages, war das Bergfest mit Aufzug der Bergleute mit ihren Vorgesetzten, Vorstand Ebert, Bergverwalter Voigt in ihrer kleidsamen Tracht zur Kirche, wo seit 1871 wieder einmal ein erhebender Berggottesdienst gefeiert wurde. Die Kantorei brachte eine gut einstudierte Kirchenmusik zum Vortrag. Der Ortspfarrer Dr. Seidel predigte über Psalm 13, 1 bis 4 nach folgender Disposition: Der Herr ist des Bergmanns Hirte im finsteren Thal in der Erde Schoß!

Im Jahre 1888 wird berichtet, daß der Berg - Knappschafts- Elfenturm mit der Bergglocke geschenkweise von der ehrbaren Bergknappschaft an die Kirche überging. Bis zu dieser Zeit wurde der Elfenturm und die darin hängende Bergglocke ausschließlich vom Bergamt und von der Bergknappschaft unterhalten.

1895 hören wir von der Vernichtung abgethaner Akten , auch das ehemalige Bergamt Ehrenfriedersdorf war hier mit betroffen.
Aus dem Amts- und Wochenblatt Ehrenfriedersdorf 1895:
Dienstag den 14. Mai 1895
Vernichtung abgethaner Akten.
Von dem unterzeichneten Bergamte wird beabsichtigt, alte den vormaligen Bergämtern Freiberg, Annaberg, Marienberg, Geyer und Ehrenfriedersdorf ergangene Akten, betreffend Criminal und Civilprozesse, Untersuchungssachen und Streitigkeiten wegen Wasserzuführungen, Expropriationen über Bergschulden, Ausbeute und Verlag, Erbkuxe und Feldauskauf, Erb- und Vormundschaftssachen. Es wird dies mit dem Bemerken bekanntgemacht, daß die Verzeichnisse und Repertorien dieser Akten bis zum 15. Juli d. J. im Sitzungsaale des Königlichen Bergamtes (Kirchgasse 11, I. Stock, Zimmer Nummer 5) zur Einsicht öffentlich ausliegend und daß es denjenigen Gemeinden, Körperschaften oder Privatpersonen, welche an der Erhaltung einzelner dieser Aktenstücke ein Interesse zu haben verneinen freisteht, bis zum gedachten Termine an hiesiger Kanzleistelle von den Verzeichnissen Einsicht zu nehmen und diejenigen Akten, welche sie von der Vernichtung ausgeschlossen zu sehen wünschen, dem Bergamte zu bezeichnen und zur Aushändigung zu erbitten.
Freiberg, den 06. Mai 1895
Das Königliche Bergamt
Dr. Wahle Dr. Dannenberger

Solch eine Ausgliederung von Bergbauakten hat es mehrmals gegeben. Unklar ist, ob die jeweilige Gemeinde eine nochmalige Durchsicht der Akten vorgenommen hat. Hierdurch können auch wichtige geschichtliche Daten vernichtet worden sein. In vielen Schriftstücken der Bergämter wurde auch die bestehenden Knappschaften mit genannt, und so kann auch Ehrenfriedersdorf von dieser Aktenvernichtung mit betroffen sein.

1906 wurde in Ehrenfriedersdorf ein erster Musikverein gegründet, zuvor bestand aber auch schon eine Musikkapelle, die bis ungefähr 1884 zurückverfolgt werden kann. Die Auftritte des Musikvereins und der späteren Stadtkapelle wurden im schwarzen Anzug mit Zylinder durchgeführt. Auch zu verschiedenen Anlässen der Brüderschaft wie z. B. zum Berg- und Hauptquartal spielte dieser Klangkörper. Die Kosten für die Marschmusik zum Berg- und Hauptquartal 1909 werden durch den Geschäftsführer der Kapelle Richard Schlegel auf 10,00 Mark beziffert und bescheinigt. Der erste Weltkrieg und seine finanzielle Folgen nahmen auch der Brüderschaft das gesamte Vermögen. Auch das Fundament der jahrhundertelang bestandenen Sterbekasse war zusammengebrochen.

1920/21 hören wir von folgenden Ausgaben:

4 Beerdigungen mit Sterbegeldauszahlung 198,75 M

Entschädigung:
Ladenschreiber 20,50 M
für die 3 Landenvorsteher 4,50 M
Schriftführer 2,00 M
Ladenältester 1,70 M
2 Rechnungsprüfer 2,00 M
Türmer Siebert 1,00 M
für Sargträger 55,00 M


Als Einnahmen waren Mitgliedsbeiträge
in Höhe von 156,80 M
und Zinsen von 3 Sparkassenbücher und
Wertpapierzinsen in Höhe von 142,72 M
zu verzeichnen.
Der Kassenbestand 1920/1921
(mit Berücksichtigung des Kassenstandes 1919/1920
betrug 4103,40 M.

Dies war für die damalige Zeit ein ganz schöner Betrag, leider kam 1923 der völlige finanzielle Zusammenbruch durch die Inflation. Es bedarf keiner Erklärung, in welchem Maße die Verarmung der Bevölkerung und der damaligen Vereine um sich griff. Durchdrungen von aufopferungsvollem Idealismus gaben die Bergbrüder dennoch nicht auf!

Im Jahre 1926 wurde mit dem Bau des Oswald-Barthel-Gedenkturmes begonnen. Der Revierausschuß bewilligte als finanziellen Grundstock 300,00 Reichsmark. Die Bergbrüder gingen eifrig ans Werk. 1928 war der Turm nach zweijähriger Bauzeit, in der die Brüder ihre freie Sonnabende und Sonntage opferten, vollendet. Am 26. August 1928 konnte der acht Meter hohe Gedenkturm eingeweiht werden. Ein großer Festumzug leitete die Feierlichkeiten ein - und alle Vereine beteiligten sich an diesen. Durch dieses große Werk kam die Brüderschaft wieder zu einer Blütezeit. Am Festzug zur Einweihung des Oswald-Barthel-Gedenkturmes waren folgende Vereine beteiligt.

1. Bergkapelle (Stadtkapelle mit ausgeliehenen Trachten)
2. Berggrabebrüderschaft mit Bergfahne von 1813
3. Revierausschuß Marienberg
4. Bergbegräbnisbrüderschaft Wiesa mit Fahne
5. Knappschaftsverein Herold
6. Bergmannsverein Geyer mit Fahne
7. Bergbrüderschaft Thum
8. Berg- Knapp und Brüderschaft Jöhstadt mit Fahne
9. Spielmannszug des Turnvereins Frisch - Frei
10. Turnverein Frisch - Frei mit Fahne
11. Gesangsverein Harmonie mit Fahne
12. Gesangsverein Liederkranz mit Fahne
13. Turnverein e. V. mit Fahne
14. Freiwillige Feuerwehr
15. Millitärverein I mit Fahne
16. Millitärverein II mit Fahne
17. Turnerschaft mit Fahne
18. Fußballclub
19. Krippenverein
20. Verein Lactitia
21. Samaritterverein e. V.
22. Gewerbeverein
23. Damenchor (Kirchenchor)
24. Dramatischer Verein Saxonia
25. Turmlautbrüderschaft


Ehrenfriedersdorfer Bergmannslied
Melodie: Wer das Scheiden hat erfunden

1. Draußen auf des Saubergs Halden, wo die Sonne grüß den Tag, ein Denkmal steht in Stein gehalten, Brüder schufens mit Müh und Plag.

2. Oswald Barthel gilt die Stätte, der Unten fand sein frühes Grab, und nach 60 bangen Jahren, noch ganz frisch geborgen ward.

3. Oben steht schwarz gelb die Fahne, als Symbol für Tag und Nacht, schwarz an Schächte dunkel mahnend, gelb das ist des Lichtes bracht.

4. Rings umgrenzt von Halden - Steinen, zeugen alter Bergleut' Fleiß, die mit Feuer, Schlegel, Eisen schwer verdient ihr Brot im Schweiß.

5. Denkmal soll's für Knappen sein, die unten tief im Schacht, fürs Volk ihr Leben setzten, und dort letzte Schicht gemacht.

6. Kittel, Leder, Hut und Blende, sind des Bergmanns Arbeitstracht. Woll'n wir tragen bis ans Ende, und pflegen wahre Brüderschaft.

1929 erfolgte die Gründung des Verbandes der Obererzgebirgischen Berg- Knapp- und Brüderschaften und 1930 fand bereits das erste große Bergfest (des genannten Verbandes) in unserem Ort statt. Der große Erfolg gab den Bergbrüdern neuen Ansporn, viele Neuaufnahmen waren zu verzeichnen. Das Gelände am Gedenkturm wurde planiert und 1931 wurde die Bergkaue vollendet. Nun hatte die Berggrabebrüderschaft ein eigenes Heim. Viele Bergfeste wurden in den kommenden Jahren organisiert und abgehalten. Die Tradition der Bergfeste, kann man aber auch schon vor 1928 verfolgen. So hören wir z. B. 1865 und 1871 von Bergfesten. 1885 wurde ein Bergfest zur Begrüßung seiner Majestät des Königs Albert durchgeführt. Ebenfalls wurde 1907 zur Begrüßung seiner Majestät des Königs Friedrich August ein solches in unserem Ort abgehalten. Weitere große Feierlichkeiten folgen so z. B. 1909 die Feier zur Enthüllung des Denkmals Friedrich des Streitbaren.
Aber nun zurück in das Jahr 1931. In diesem Jahr schritt man zur Gründung einer eigenen Bergkapelle und verwirklichte dieses in kurzer Zeit. Die damalige Stadtkapelle trat aber auch schon zuvor, als Bergkapelle auf, z. B.1928 bei dem schon erwähnten Festzug. Bei mehreren Anlässen vor 1931 wurden Bergmannstrachten ausgeborgt.
Die Kapellenleitung der 1931 gegründeten Berg- und Stadtkapelle Ehrenfriedersdorf übernahm der Bergbruder Richard Rödl und Stellvertreter wurde der Bergbruder Richard Oehme. Richard Oehme komponierte bereits 1927 den bekannten Ehrenfriedersdorfer Bergmannsmarsch, als Geschenk für die Ehrenfriedersdorfer Berggrabebrüderschaft. Zu den Turmmetten am 23.12.1927 und den Bergmetten am darauffolgenden Tag wurde dieser herrliche Marsch erstmals intoniert. In hervorragender Weise war es dem damaligen Musiklehrer gelungen, das wohl jeden Ehrenfriedersdorfer so vertraute Feldgeschrei, als Einleitung in sein Werk einzuarbeiten. Noch heute erklingt, meist zu Abschluß der Bergparaden, im Verein mit allen beteiligten Bergkapellen, dieser Ehrenfriedersdorfer Bergmarsch. Es ist immer wieder ein bewegender Moment, mahnt uns doch dieser Marsch, mit Achtung und Stolz an unsere Vorfahren zu denken, als sie in großer Aufopferung und Verbundenheit unserer Heimat dienten in dem sie die bergmännischen Traditionen ehrten und pflegten. Aber noch immer war der erneute Aufbau nach dem ersten Weltkrieg nicht abgeschlossen. Es ging um die Beschaffung einer eigenen Bergfahne! Bis zu dieser Zeit wurde die Bergamtsfahne von Marienberg, aus dem Jahre 1813 getragen und mitgeführt.

Durch freiwillige Spenden der Bergbrüder, war es bereits 1933 möglich, die Fahnenweihe vorzunehmen.
Ein großes Bergfest wurde abgehalten und unsere Bergfahne, die den Fahnenspruch

"Es grüne die Tanne, es wachse das Erz, Gott schenke uns allen ein fröhliches Herz"

beinhaltet, wurde feierlich geweiht.

Nicht weit von Oswald Barthels Unglücksstelle ereignete sich am 15. August 1938 ein schweres Bergwerksunglück:
Auf der Gezeugstrecke der 150 -. Meter - Sohle erfolgte bei Sprengarbeiten ein Wassereinbruch, wobei 25 Bergleute in der Grube eingeschlossen wurden. Von den Eingeschlossenen konnten sich 10 Bergleute selbst in Sicherheit bringen. Es wurden umfangreiche Rettungsarbeiten eingeleitet wodurch es bis 2 Uhr nachmittags gelang 4 Bergleute lebend zu bergen. (Das Unglück ereignete sich gegen 10 Uhr vormittags) Die Rettungsarbeiten waren äußerst schwierig, da das Auspumpen des Wassers viel Zeit in Anspruch nahm. Bis gegen 8 Uhr morgens konnten weitere 7 Bergleute lebend gerettet werden, so daß nur noch 4 Bergleute vermißt wurden. Die Rettungsmannschaften lagen flach auf Flößen, da das Wasser zum Teil bis an die Decke des Stollens stand. Einer nach dem anderen der eingeschlossenen Bergmänner, die durch andauerndes Klopfen Lebenszeichen von sich gegeben hatten, wurden aus dem gefährlichen Stollen gebracht. Die Rettungsarbeit untertage, die sich über Stunden für die Rettungsmannschaften ausdehnte, war auch wegen der Kälte sehr schwierig. Das Wasser hatte nur eine Temperatur von wenig über Null Grad. Mitglieder der Grubenrettung brachen vor Erschöpfung zusammen. Stellvertretend soll hier der Bergmann Max Roscher genannt werden, der allein vier Berufskameraden schwimmend gerettet hatte. Vor Erschöpfung mußte er dann selbst aus der Grube getragen werden. Die noch vier eingeschlossenen Bergmänner befanden sich auf einer 75 Meter tiefer liegenden Sohle. Man versuchte weiter, das Wasser auszupumpen, um zu verhindern, daß den eingeschlossenen Kameraden die Luftzuführung abgeschnitten wurde. Während der ganzen Nacht standen die Angehörigen der Verunglückten vor dem Grubenhaus und warteten ihrer Angehörigen. Zuerst die quälende Ungewißheit über den Verbleib der übrigen vier und dann die bittere Wahrheit des bedauerlichen Schicksals der in der Tiefe des Sauberges auf so tragische Weise ums Leben gekommenen Bergknappen:

Fritz Seydel
Friedrich Landmann
Erich Schneider
Paul Hennig

Bei der Entfernung der in den Schacht eingefluteten Wassermassen umfangreiche zeitraubende Schwierigkeiten zu überwinden waren, mußte sich die Bergung der verunglückten Opfer etwas verzögern. Nach anstrengender Arbeit konnten am Sonnabend dem 20. August, der Grubenschlosser Fritz Seydel, in der Nacht zum Sonntag dem 21. August, der Bergzimmerling Friedrich Landmann und am Sonntag bzw. in der Nacht zum Montag dem 22. August, noch die letzten zwei, die Lehrhauer Erich Schneider und Paul Hennig, aus der Tiefe des Sauberges geborgen werden. Beim Bergen des ersten Toten hißte die Vereinigte Feldfundgrube ihre Flagge auf Halbmast. Im Laufe des Sonntages folgte die städtischen Behörden und die Einwohnerschaft diesem Beispiel, um ihre tiefe Trauer und inniger Anteilnahme an dem großen Verlust und Schmerz der Angehörigen auch äußerlich Ausdruck zu verleihen.
Zur selben Stunde, also genau eine Woche vorher, als zum freudigen Anlaß des Bergfestes der Berggrabebrüderschaft die Fahne auf dem Oswald-Barthel-Turm hochgegangen war, wurde sie am darauffolgenden Sonntag als Zeichen der Trauer von Kameradenhand auf Halbmast gesetzt und kündete hoch oben von den Halden des Sauberges in das Tal hinein von der Wehmut, die die Wahrer und Hüter bergmännischen Brauchtums und altehrwürdiger Bergmannstradition in der Berggrabebrüderschaft über den Verlust ihrer jungen Kameraden hatten. Das furchtbare Bergwerksunglück, das Ehrenfriedersdorf am 15. August 1938 heimgesucht hatte, erweckte in weitesten Kreisen rege Anteilnahme. Das war schon am Abend vor der Beerdigung zu spüren als die Opfer von dem Bergwerk nach der Stadthalle überführt wurden. Vom Kirchturm hörte man die kleine Bergglocke läuten. Dumpfer Trommelwirbel begleitete den Fackelzug, der den vier tote Bergleuten das Geleit gab. Auf vier Wagen, jeder mit vier Pferde gezogen, standen die Särge. Die Beerdigung fand am Dienstag den 23. August statt. Die Kirchgemeindevertretung hatte eine besonders schöne Stelle des Gottesackers für ein gemeinsames Grab bestimmt und kostenlos zur Verfügung gestellt. Die Bergleute sind gemeinsam vom Tode ereilt worden, da sollten sie auch gemeinsam begraben sein. Die große Glocke läutete in vier Intervallen vor. Nach einer politischen Feier in der Stadthalle wurden die Toden Bergleute unter Glockengeläut zu ihrer letzten Schicht geleitet. Die Berg- und Stadtkapelle spielte und Chor und Kantorei sangen abwechselnd, während die Särge in das Grab hineingelassen wurde. Die Predigt an der Grabstätte der zur letzten Schicht eingefahrenen Bergknappen wurde durch Pfarrer Seydel gehalten.
Durch die Rüstungsproduktion Deutschlands wurde der Bergbau ab 1936 mit einer Belegschaft von 210 Mann wieder aufgenommen und bis Kriegsende weitergeführt. Zwischen 1938 und 1941 wurde der Sauberger Haupt- und Richtschacht auf 250 m weiter geteuft und eine neue Erzaufbereitung gebaut. Der Zweite Weltkrieg und schwerwiegenden Folgen verursachten wiederum einen schmerzenden Niedergang, auch für die Berggrabebrüderschaft. Während unsere Bergglocke im Ersten Weltkrieg verschont blieb, sollte sie ihr Ende im entsetzlichen Zweiten Weltkrieg finden. Zum Bergquartal 1942 erklang die Ehrenfriedersdorfer Bergglocke das letzte Mal. Sie wurde vom Turm geholt und dem Sammellager Hamburg zugeführt. Bis 1942 wurden an der Bergglocke auch die Stunden angeschlagen. Unsere Kirche besitzt ja bekanntlich keine Turmuhr. Die vollen Stunden wurden deshalb bei Tag und bei Nacht von der Türmerwohnung durch Handbetrieb angeschlagen und zwar wurde jede Stunde zweimal hintereinander angeschlagen, zuerst an der Bergglocke, anschließend an der großen Glocke. Nach dem Verlust der Bergglocke wurde durch den Kirchenvorstand der St. Niklaskirche eine Glocke aus Stahl erworben. Diese wurde im Elfenturm montiert. Jetzt konnte der gewohnte Glockenschlag, wenn auch nicht im gewohnten Klang wieder erschallen.
Zu Beginn der Besatzungszeit waren alle Vereine verboten. Nur die Berggrabebrüderschaft durfte, nach einer positiv verlaufenen Verhandlung mit dem sowjetischen Kommandanten Taschlikow, auf dem Sauberggelände weiter bestehen bleiben.


Wahrscheinlich haben die geleisteten Beerdigungsdienste diese Ausnahmen mit bewirkt. 1937 wurden die Statuten der Berggrabebrüderschaft zum Punkt Beerdigungsdienste abgeändert.
"Auf Wunsch und Bestellung verstorbener Bergbrüder und sonstiger Gemeindemitglieder (gemeint ist die Einwohnerschaft) werden die verstorbenen Brüder und Einwohner in bergmännischer Art und Weise und im bergmännischen Ornat zu ihrer letzten Ruhestätte begleitet." Da die Bestattung in damaliger Zeit von zu Hause aus erfolgte, wurden die Verstorbenen mit 16 Bergbrüdern getragen bzw. begleitet. Acht Bergbrüder trugen den Sarg und weitere acht Bergbrüder begleiteten mit ihren Zinnbarten den Trauerzug, auf halber Wegstrecke wurde gewechselt. Bei Vereinsmitgliedern wurde vor dem Sarg die Bergfahne mit Fahnenbegleitung und Obersteiger mitgeführt.
Unter großer Aufopferung des damaligen Vorsitzenden Heinz Müller, des Schriftführers und Chronisten Richard Höfer, sowie des Hauptkassierers Gerhard Massalsky, konnte bereits 1946 der erste Bergaufzug in der Bergstadt Annaberg wieder stattfinden. Die Berggrabebrüderschaft Ehrenfriedersdorf führte diesen Bergaufzug mit den 12 übriggebliebenen Trachtenträgern und 16 Musikkanten der Berg- und Stadtkapelle Ehrenfriedersdorf an. Am Bergaufzug waren die bergmännischen Vereinigungen von Frohnau, Wiesa, Jöhstadt und Thum beteiligt, welche sich ebenfalls nach 1945 weiter vereinsmäßig betätigen durften.
Nach dem Ende des Krieges wurde die Ehrenfriedersdorfer Bergglocke glücklicherweise unversehrt, wieder aufgefunden. Herr Pfarrer Lauckner bemühte sich sehr, unsere alte Bergglocke schnellstmöglich wieder in unsere Heimatstadt zurückzuholen. Vom Glockenfriedhof in Hamburg wurde sie versehentlich erst nach Pohlen bei Ronneburg in Thüringen gebracht. Erst nach langem Suchen in ganz Deutschland durch Pfarrer Lauckner konnte sie in Thüringen ausfindig gemacht werden.

Auf schnellstem Wege wurde sie dann in unsere alte Bergstadt zurückgebracht. Heute erschallt sie jeden Wochenarbeitstag morgens um 7.00 Uhr, mittags 12.00 Uhr und abends 18.00 Uhr. Mahnend erklingt sie vom Berg- Knappschaft- Elfenturm über unsere alte Bergstadt, als Erinnerung an das Schichtläuten und an eine jahrhundertealte Bergbauzeit.

Auf Befehl der sowjetischen Militäradministeration SMA nahm die Zinnerzgrube 1947 den Betrieb wieder auf. Im Jahre 1957 wurde erneut ein Dachverband Obererzgebirgische Brüderschaften gegründet. Dies war der Anlaß für die Wiederbelebung und auch Neugründungen von vielen bergmännischen Zusammenschlüssen. Im gleichen Jahr wurde der Kulturbund gegründet. In diesem neuen Dachverband wurden auch die bestehenden bergmännischen Zusammenschlüsse "integriert". Tolerierte anfangs die Leitung des Kulturbundes die bisher ausgeübte bergmännische Brauchtumspflege, so wurde nach und nach von dieser Leitung propagiert und angewiesen, welche Traditionshandlungen ausgeübt werden sollten. Besonders unerwünscht waren religiöse, christliche Brauchtumsausübungen.
So durfte der Ehrenfriedersdorfer Bergchoral nicht mehr, wie es unsere Vorfahren hielten zum Eingang des jährlichen Bergquartals gesungen werden. Es wurde darauf gedrängt, von diesen als überaltert bezeichneten Traditionen Abstand zu nehmen.
Am 21. April 1963 feierte unsere Brüderschaft ihr 625jähriges Bestehen. Zu diesem Anlaß wurde die dritte Lade unserer Brüderschaft geweiht.
Der Bezirksvorsitzende Bergbruder Paul Richter hielt die Weihe.

 *Fortsetzung Teil 2*