Erinnerung an das schwere Grubenunglück auf dem Sauberg in Ehrenfriedersdorf vor 80 Jahren

 

Am 15. August 2018 jährt sich zum 80. Mal das schwere Grubenunglück, bei dem vier Bergleute den Tod fanden. Aus diesem Anlass führt die Berggrabebrüderschaft Ehrenfriedersdorf e. V. an diesem Tag eine kleine Gedenkfeier durch. Treffpunkt ist die gemeinsame Grabstätte auf dem Friedhof von Ehrenfriedersdorf um 18.00 Uhr. Wir als Verein, als Traditionspfleger und Bewahrer des bergmännischen Brauchtums, wollen dieses Ereignis in den Köpfen der Ehrenfriedersdorfer wachhalten.

Die Tragik des Geschehens war damals in zweierlei Hinsicht besonders schmerzlich. Zum einen verloren die Angehörigen ihren Vater, Sohn oder Ehepartner, einen Verlust, der nur schwer zu verkraften ist. Zum zweiten bedeutete das Unglück aber auch einen herben Dämpfer für das gerade wieder neu in Gang gekommene Werk auf dem Sauberg, das mit vielen Hoffnungen verbunden war. Im Jahr 1919, kurz nach dem 1. Weltkrieg, war es ja erst mal wieder zur Schließung der „Vereinigt Feld Fundgrube“ gekommen, nach dem alles so verheißungsvoll begonnen hatte. Eine neue Aufbereitung hatte man damals gebaut und eine Seilbahn zur Verladestation am Melzersteinbüschel errichtet. 1919 wurden die Pumpen im Schacht abgeschaltet und die Grube soff ab. Diese Betriebsruhe auf dem Sauberg dauerte dann immerhin 17 Jahre, bevor man 1936 mit der Aufnahme eines Untersuchungsbetriebes begann. Für die nächsten vier Jahre waren Auffahrungen neuer Strecken im Niveau Stollnsohle (Niveau des heutigen Besucherbergwerkes) und 40 m tiefer im Niveau der 1. Gezeugstrecke geplant. Außerdem sollte der Sauberger Haupt- und Richtschacht, dessen Teufe 1936 bei 151,75 m stand, weiter geteuft werden.

Wie kam es nun zur Katastrophe am 15. August 1938, wie war die Situation?

Im Niveau der 1. Gezeugstrecke, also ca. 150 m unterhalb der Tagesoberfläche, arbeiteten die Kumpel in mehreren Zinnerzgängen und trieben diese voran (Streckenvortrieb). Im Einzelnen waren das die Orte „Zypressenbaumer West“ mit vier Mann Belegung, der „Prinzler West/Scharung“ mit zwei Mann, der „Prinzler Ost/Rothirschner“ vier Mann, „Prinzler Ost“ ein Mann und das Ort „Leimgrübner West“. Letzteres war das Ort, auf welchem die Katastrophe ausgelöst wurde. Das Ort befand sich ca. 230 m vom Sauberger Haupt- und Richtschacht entfernt. Die Ortsbelegung auf dem „Leimgrübner West“ war an diesem Tag mit ganz normalen Vortriebsarbeiten beschäftigt, hatte die Ortsbrust abgebohrt und die Bohrlöcher mit Sprengstoff besetzt. Alles war für die Sprengung des harten Ganggesteines vorbereitet. Um 9.45 Uhr erfolgte dann die Sprengung durch Steiger Opitz, der die entsprechenden Zündschnüre zündete. Die Ortsbelegung befand sich im sicheren Absperrbereich. Was nun zu diesem Zeitpunkt noch niemand wusste, war die Tatsache, dass vor und über dem Leimgrübner Arbeitsort schon ein alter Abbau aus früheren Bergbaujahren existierte und bis zur 40 m höher liegenden Stollnsohle voll Wasser stand. Berechnungen ergaben später, dass es mindestens 7000 m³ Standwasser waren. Die am 15. August 1938 durchgeführte Sprengung schlug nun unverhofft durch die nur noch wenige Dezimeter mächtige Bergfeste.

Bild 1:  Steiger Opitz an der Wassereinbruchsstelle

             Oben der alte Abbau; Unten die Gangstrecke

             Leimgrübner West

 

Das Loch zum alten Abbau (alter Mann genannt) betrug 1,7 m x 0,8 m. Plötzlich wurden die 7000 m³ Wasser frei und ergossen sich im Nu in alle Bereiche der 1. Gezeugstrecke und füllten die Grubenbaue bis ca. 50 cm unter die Firste. Am Füllort des Sauberger Haupt- und Richtschachtes stürzte das ankommende Wasser in den Schacht, in dem die vier Bergleute Fritz Seydel, Friedrich Landmann, Erich Schneider und Paul Hennig mit dem Weiterteufen beschäftigt waren. Das Schachttiefste stand jetzt schon bei 206 m unter der Rasensohle (6 m unter der 2. Gezeugstrecke).

Durch die stark hereinbrechende Wasserflut gab es für diese Bergleute keine Möglichkeit, sich in Sicherheit zu bringen. Ein Hinaufklettern war unmöglich, denn auch hier stieg das Wasser im Schacht rasant an.

Bild 2: Die tödlich verunglückten Bergleute

            v. l. Erich Schneider, Fritz Seydel, Paul Hennig

            und Friedrich Landmann

 

Es begann nun eine dramatische Rettungsaktion. Insgesamt waren 25 Bergleute unter Tage eingeschlossen. Es mussten Pumpen herangeschafft und in die Grube transportiert werden, um den Wasserspiegel wenigstens einigermaßen abzusenken.

 

Bild 3: Profil durch den Sauberger Haupt- und Richt-

            Schacht

 

10 Mann konnten sich selbst aus eigener Kraft befreien. Durch andauernde Klopfzeichen machten die noch Eingeschlossenen auf sich aufmerksam. Das größte Problem für alle war die enorme Kälte. Das Wasser hatte nur ca.  8°C. Mit Hilfe eines Holzfloßes waren bis 15.00 Uhr die ersten Eingeschlossenen gerettet worden. Holz für weitere vier Flöße wurden in die Grube gehängt. Großen Anteil bei der Bergung der Eingeschlossenen hatte der Rohrschlosser Max Roscher. Er rettete nach fünf Stunden und 15 Minuten vier eingeschlossenen Bergleute aus ihrer lebensbedrohlichen Lage (freier Raum zur Firste 1 bis 1,3 m).

 

Ihm zur Seite standen der Steiger Graeme und der Fahrhauer Weigel. Der Retter Schachthauer Karl Krüger legte auf dem Floß insgesamt 1240 m zurück. Was für eine Belastung für alle am Rettungswerk beteiligte! Aber natürlich auch für die in der Dunkelheit eingeschlossenen Kumpel, die in Todesangst bei Nässe und enormer Kälte verharrten und immer auf Rettung hofften. Die damals verwendeten Grubenlampen (Karbidlampen) mit offener Flamme waren bei der Nässe ziemlich schnell erloschen. Am 16. August gegen 7 Uhr früh war dann der Letzte der lebend eingeschlossenen Bergleute geborgen worden. Damit waren durch Holzflöße 11 Bergleute in Sicherheit gebracht worden. Für die vier in der Teufe arbeitenden Kumpels kam jede Hilfe zu spät. Durch die Wucht der einströmenden Wassermassen in den Schacht war ein Hinaufsteigen unmöglich. Am Sonnabend, den 20. August, wurde als erster Tote der Grubenschlosser Fritz Seydel geborgen. Sogleich hisste die Vereinigt Feld Fundgrube ihre Flagge auf Halbmast. In der Nacht zum Sonntag brachte man den Bergzimmerling Friedrich Landmann und in der Nacht zum Montag dann noch die letzten zwei Lehrhauer Erich Schneider und Paul Hennig nach über Tage.

Damit war am 21. August 1938 gegen 23.20 Uhr, also 158 Stunden nach dem Wassereinbruch, der letzte Tote geborgen worden.

Später wurden insgesamt 17 Bergleute für ihre besonderen Leistungen bei der Rettungsaktion Wassereinbruch durch die Knappschafts-Berufsgenossenschaft geehrt und ausgezeichnet.

Die Beerdigungsfeierlichkeiten verliefen in der für die damalige Zeit typischen propagandistischen Art und Weise ab.

Am 22. August 1938, abends vor der Beerdigung, erfolgte die Überführung der vier tödlich verunglückten Bergleute in die Stadthalle Ehrenfriedersdorf (jetzt Gaststätte „Die Burg“). Allein schon dieser Aufzug in der Abenddämmerung, begleitet von Fackeln und dumpfen Trommelwirbel, war außerordentlich ergreifend. Auf vier Wagen, jeder mit vier Pferden gezogen, standen die Särge. Die Halle war bereits mit Blumen-, Grün- und Fahnenschmuck ausgestaltet gewesen, da der 60. Kreisfeuerwehrverbandstag in Ehrenfriedersdorf vorbereitet wurde. Aufgrund der Trauerfeierlichkeiten wurde er dann jedoch verschoben.

Bild 4: Trauerfeier in der Stadthalle,

             heute „Die Burg“

 

Nach der Trauerfeier in der „Burg“ setzte sich ein gewaltiger und eindrucksvoller Begräbniszug zum Friedhof in Bewegung. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung nahmen die Berggrabebrüderschaft und die Schuljugend am Marsch teil. In der Vereinstracht des Erzgebirgsvereins durften nur ausgewählte Mädchen teilnehmen und zwar nur die von größerem Wuchs! (zum Leidwesen der Kleineren).

Bild 5: Trauerzug von der „Burg“ zum Friedhof

Des Weiteren nahmen noch zahlreiche Bergbrüder von befreundeten Brüderschaften am Trauerzug teil, wie z.B. aus Thum, Wiesa, Frohnau, Jöhstadt und Geyer und erwiesen die letzte Ehre.

An einer besonders schönen Stelle des Ehrenfriedersdorfer Friedhofs wurden die vier Bergleute unter Glockengeläut gemeinsam in einem Grab beerdigt. Die Berg- und Stadtkapelle spielte und Chor und Kantorei sangen abwechselnd. Pfarrer Seydel hielt die Predigt an der Grabstätte für die zur Letzten Schicht angefahrenen Knappen.

Bild 6: Gemeinsame Grabstelle

 

Quellen:

Sammlung Rainer Knauth zum Wassereinbruch 1938, unveröffentlicht

Zuarbeit Walter Grabner zum Wassereinbruch 1938 (unveröffentlicht)

Archiv der Berggrabebrüderschaft Ehrenfriedersdorf e. V.