Zur Erinnerung an den Ehrenfriedersdorfer Bergmeister Johann Gottlob Blüher

 

In diesem Jahr erinnert die Berggrabebrüderschaft Ehrenfriedersdorf e.V. an den 305. Geburtstag von Bergmeister Johann Gottlob Blüher. 40 Jahre lang lenkte und leitete Blüher die Geschicke der bergbaulichen Tätigkeiten im Ehrenfriedersdorfer Bergrevier.

 

Johann Gottlob Blüher wurde am 20. März 1709 in Wildenfels als Sohn des Hochgräflichen Solmsischen Rathes und Amtsmannes Christoph Blüher geboren. Ab seinem 9. Lebensjahr besuchte er die Lateinschulen in Zwickau und Annaberg und studierte danach zwei Semester Jura in Leipzig. Von 1728 bis 1730 nahm Blüher in Freiberg an den Lehrveranstaltungen des Bergrates Henkel in den Fächern Bergbau, Hüttenkunde, Mineralogie und Markscheidekunst teil.

 

Mit den neuesten Montankenntnissen ausgestattet, wurde J.G. Blüher 1732 nach Ehrenfriedersdorf „delegiert“, um dem gerade kommisarisch als Bergmeister eingesetzten Reviermarkscheider G.G.Seybt als sein Adjunkt zur Seite zu stehen. 

Der bis dahin in Ehrenfriedersdorf amtierende Bergmeister J.G. Langer war nämlich am 4. Januar 1732 bei einer Befahrung der Zwönitzer Communzeche tödlich verunglückt. Zur damaligen Zeit unterstand die Zwönitzer Communzeche dem Bergamt Geyer, welches vom Ehrenfriedersdorfer Bergmeister in Personalunion mit geleitet wurde. Damit ging die „Bergmeister-Ära“ der Familie Langer nach 83 Jahren zu Ende. Im Jahre 1734  übernahm dann J.G. Blüher  im Alter von 25 Jahren das Bergmeisteramt „würklich“.

 

Der Bergmeister war ein, vom Landesherren, eingesetzter technischer Aufseher an Ort und Stelle. Damit zählte er zu den praktisch tätigen Bergbeamten. Der Bergmeister hatte die Pflicht, für die Einhaltung der Bergordnung zu sorgen und damit für geordnete Bergbauverhältnisse. Dazu wurden in den einzelnen Bergrevieren entsprechende Bergämter geschaffen, deren Leiter der Bergmeister war. Zu seinen Hauptaufgaben gehörte das Ausstellen von Mut- und Verleihzetteln und er trug die Verleihung in ein Bergbuch ein. Er prüfte, ob die zu verleihenden Gänge bauwürdig seien und gab bekannt, welche Zechen „ins Freie gefallen“ waren. Blieb nämlich ein „Bau“ drei Tage unbearbeitet liegen, so galt er als aufgegeben und konnte einem anderen verliehen werden.

 

In der „Zynberckwergs-Ordnung auff dem Altenberge …“ von 1568 wird im 3. Artikel zu den Rechten und Pflichten des Bergmeisters wie folgt mitgeteilt: „Des Bergkmeisters Ambt“:

 

Der jetzige vnd künfftige Bergkmeister / sollen sich vnsers Ambtsvorwalters Befehlich vnd Bescheids vorhalten / seinen pflichten nach / teglichen auff den gebirgen sein / Stolln vnd Zechen fleissig befahren / gute auffachtungen haben / das rechte Schicht gehalten / trewlich vnd fleissig gearbeitet / nützlich Gebewede angeben / wo er schaden befindet / abwenden / oder vnserm Ambtsvorwalter anzeigen / Dergleichen in Mühlen / Puchwergk vnd Hütten / allenthalten gute auffachtungen haben / das trewlich vnd fleissig gearbeitet / den Gewercken nichts vorvntrawet / oder sonst vnnützlich vmbkomme / vnd alles so viel möglich / zu rath gehalten werde“.

 

Außerdem verlangte Balthasar Rösler, ein berühmter Markscheider und Bergmeister, vornehmlich im Altenberger Revier tätig, in seinem Buch, der „Hell-polierte Berg-Bau-Spiegel“ von 1700, dass der Leiter eines Bergamtes auch markscheiderische Kenntnisse zu besitzen hat. „Er soll aber fürnehmlich derjenige / so dem Bergwerck vorstehet / sonderlich der Bergmeister / das Marckscheiden / wo nicht gaentzlichen / jedoch zum wenigsten den Compaß / und die Abrisse verstehen können. Er soll auch ueber seine Metall-Refier eine General-Mappe der Gebuerge und Gruende / gleich einer Land-Charten / haben / und die Gaenge ihr Fallen fuehren / wo die Bergwercke liegen / welches Gebirge fuendig / und wo man dem einem und dem andern mit Wasser helffen kann / damit er sich seine Refieren desto besser einbilden / und zu allen Bergwercks-Befoerderungen Rath geben kann“.

Diesem Umstand haben wir es zu verdanken, dass Johann Gottlob Blüher  im Jahre 1736, also zwei Jahre nach seinem Amtsantritt im Ehrenfriedersdorfer Bergrevier, einen Grundriss sämtlicher Sauberger Berggebäude einschließlich der wehrhaften Gebäude und Vorwerke anfertigte. Es entstand eine, für uns einzigartige Momentaufnahme von dem kleinen „Städtlein“ Ehrenfriedersdorf zur damaligen Zeit.

 

Grundriss des Ehrenfriedersdorfer Bergreviers-angefertigt von Bergmeister Johann Gottlob Blüher 1736. Bergarchiv Freiberg

 

Das Original dieses Risses befindet sich im Freiberger Bergarchiv. Eine Kopie davon haben sich die Mitglieder der Berggrabebrüderschaft Ehrenfriedersdorf in ihrem neuen Vereinsraum aufgehängt.

 

Ebenfalls im Jahr 1736 initiiert Blüher den Bau einer neuen Bergamtsstube im Ehrenfriedersdorfer Rathaus und lässt auch die Zinnwaage wieder instandsetzen. Weitere Aufgaben des Bergmeisters waren die Belehrungen der Schichtmeister und Steiger hinsichtlich der An- und Ablegung der Bergleute inclusive öffentlichen Anschlages (z.B. 1738).

Im Jahre 1740 heiratete Blüher in Johanngeorgenstadt. Seine Frau wird Christiane Regine Fischer, die Tochter des Hammerherrn auf dem Rothen Hammer zu Unterwiesenthal, Christph Friedrich Fischer.

 

Zur Bewältigung seines äußerst umfangreichen Arbeitspensums standen dem Bergmeister Blüher als unmittelbare Bergoffizianten der Berggeschworene D. Zimmerhäckel und der Berg- und Gegenbuchschreiber J.C. Lindner zur Seite. Während seiner Amtszeit als Bergmeister hatte Blüher einige Prozesse zu führen und musste zahlreiche disziplinarische Verfehlungen in den Gruben ahnden. Hier nur einige Beispiele: Mit dem Steiger A. Neumann der „Hausmännischen Klingelschlägel“ gab es 1740 Auseinandersetzungen wegen „übler Veranstaltung und verursachter Gefahr“ auf der Grube. 1743 kam zu Auseinandersetzungen mit dem Zinn- und Schlackenschmelzer J.B. Beil aus Ehrenfriedersdorf wegen Nachlässigkeiten beim Zinnschmelzen. Dieser wiederum beschwerte sich sowie der Eigenlehner J.G. Fischer über Bergmeister Blüher beim Oberbergamt. 1744 gab es Auseinandersetzungen zwischen Blüher und dem Steiger J.D. Teumer wegen „ausgestoßener bedrohlicher Reden“, um nur einige Fälle zu nennen. 1769 werden dem Ehrenfriedersdorfer Berggeschworenen C.F. Winkler Unregelmäßigkeiten bei Erzprobierungen auf der Vierunger Hütte nachgewiesen sowie Unregelmäßigkeiten dem Ehrenfriedersdorfer Berg-, Gegen- und Rezessschreiber E.H. Krauße bei der privaten Dokumentenentnahme.

 

Im Jahre 1774 gerät Bergmeister Blüher dann selbst mit dem Gesetz in Konflikt. Das Dippoldiswalder Amt weist ihm nämlich Unredlichkeiten im Zusammenhang mit dem Schandauer Bergbau nach, für den er zeitweilig mit zuständig war. Der Kurfürst entlässt ihn daraufhin, jedoch mit „Pension“, woraus zu erkennen ist, dass sein 40-jähriges bergrechtliches Wirken im Dienst der Wettiner durchaus gewürdigt wurde. Trotz seiner Verfehlung leistete Bergmeister Blüher für den Erzgebirgischen Zinnbergbau auf den Gebieten Zinnverlagswesen, Brotverlagswesen, Moderation des Trank- und Landsteuer- Einsatzes, Sicherung des Haldensturzes, der Fahrwege und der Häuersteige sowie der Bergwasserverleihung für nichtbergmännischen Einsatz beispielhaftes.

 

Am 19. Juli 1786 starb Johann Gottlob Blüher in Ehrenfriedersdorf. Der Sterbeeintrag im Kirchenbuch lautet: Herr Johann Gottlob Blüher, Churfürstlicher Sächsischer Wohlbestallter und Bergwerkswohlerfahren gewesener Bergmeister allhier, starb am 19. Juli, begraben mit stiller Beisetzung (also ohne Bergoffizianten). Alt 77 Jahre 3 Monate 3 Wochen 6 Tage.

 

 

Quellen

GRABNER, WALTER: Studie zur Chronik des Ehrenfriedersdorfer Bergreviers, 2011,unveröffentlicht, unter Bezugname der Aufzeichnungen aus dem Nachlass von CURT LANGER

Dr. SIEBER, SIEGFRIED: Zur Geschichte des erzgebirgischen Bergbaues, 1954

RÖSLER, BALTHASAR: Hell-polierter Berg-Bau-Spiegel, 1700